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Im bittersüßen Märchenland

16. Dezember 2004

Welches Bild kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie an die Türkei denken? DW-WORLD hat nachgefragt. Die deutsch-türkische Regisseurin Buket Alakus über ein Leben mit zwei Sprachen und Seelen.

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Bild: dpa

Mein Vorteil als Deutsch-Türkin ist, dass ich in meinem Herzen zwei miteinander verwachsene Sprachen und Seelen tragen darf. Meine Eltern sind wie viele andere Türken auch mit unzähligen Koffern voller Träume und ohne Rückfahrticket nach Deutschland gekommen.

Wenn mich die tiefe Sehnsucht packt, stehe ich im Nu vor dem Reisebüro und will sofort in das Land meiner Kindheit, wie ein Kind das nach Trost sucht und dabei nach Schokolade greift. Aber kaum bin ich in der Türkei, überwältigt mich die Sehnsucht nach Deutschland und schon stehe ich wieder am Flughafen mit meinem Rückfahrticket.

Impressionen eines türkischen Sommers

Die Türkei ist das Herkunftsland meiner Eltern, für mich ist es ein Märchenland mit einer bittersüßen Melodie über Sehnsucht nach der vergangenen Kindheit, einer umarmenden Heimat und unzähligen Familiengeschichten wie auch türkischen Sprichwörtern. “Frag keinen, woher er kommt, du wirst es erfahren, wenn du ihm zuhörst”!

Und wenn ich an die Türkei denke und meine Augen verschließe, dann entstehen unendlich viele emotionale Bilder in meinem Kopf. Ich kenne nur die Sonnenseite der Türkei – den Sommer. Ich denke an Menschen in luftigen Kleidern und leichten Schuhen, da ist der Geruch der nach einem Regenschauer feuchten staubigen Erde und da ist der beruhigende Anblick des tiefblauen Meeres.

Ich höre den morgendlichen Gebetsruf des Muezzin, das bunte Treiben der Menschenmengen auf den Basaren, ich sehe die Alten mit ihrem tanzenden Lächeln, wenn sie den jungen Leuten zusehen. Und ich denke daran, wie es ist, sich an allen Straßenecke ausruhen zu können und Tee - mit drei Stück Zucker - zu trinken. Oder von überall aus, die Minarette zu erblicken. Oder den morgendlichen Geruch von frisch gebackenen Fladenbrot wahrzunehmen.

"Wo es weh tut, da ist dein Herz"!

Doch vor allem ist die Türkei auch der Ort, an dem meine Mutter beerdigt wurde, was ihr innigster Wunsch war. Somit ist die Türkei ein Teil meines Herzens und Schmerzens. Ich werde es immer besuchen, mit meinem Rückfahrticket, doch leben werde ich dort nie. Und wenn ich sterben sollte? Na da, wo meine Familie sein wird, da werde auch ich sein!

Buket Alakus
Buket AlakusBild: www.la-gente-agentur.de

Buket Alakus wurde 1971 in Istanbul geboren und ist in Hamburg aufgewachsen. Nach ihrer Ausbildung als Kommunikationswirtin an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin und einem Aufbaustudium Filmregie an der Universität Hamburg drehte sie mehrere prämierte Kurzfilme. Ihr Debütfilm ANAM kam im April 2002 in die Kinos.