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Ikonen der Moderne

Sabine Oelze13. Oktober 2004

Eine umfassende Retrospektive des amerikanischen Malers Edward Hopper (1882 bis 1967) ist derzeit im Kölner Museum Ludwig zu sehen. Seine Werke gehören zu den bedeutendsten der amerikanischen Kunst des 20. Jahrhunderts.

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Light House Hill (1927),<br> Dallas Museum of ArtBild: Museum Ludwig, Köln

Seine Motive sind längst zu Klischees geworden. Die Paare, die sich nichts zu sagen haben, die einsamen, in Gedanken verlorene Frauen in Cafés und Hotel-Lobbys, die menschenleeren Straßenzüge und Landschaften. Fast jeder kennt sie. Millionenfach wurden sie reproduziert. Als Poster, auf T-Shirts oder Taschen. Wie kein anderer Künstler hat Edward Hopper unsere Vorstellung von Amerika geprägt. Seine Bilder sind zum Inbegriff des "American Way of Life" - der amerikanischen Lebensweise - geworden. Zu Chiffren der modernen Alltagswelt, in dem sich die Menschen voneinander entfremdet und ihre Wurzeln verloren haben. "Die Mobilität als Synonym für den modernen Menschen, das wird von Hopper immer wieder thematisiert", meint Ulrich Wilmes, Kurator der Ausstellung. Gezeigt wird der Mensch in einer Veränderungssituation: Er ist nicht Zuhause, aber er ist auch nicht an dem Ort wo er hin will.

Edward Hopper Ausstellung in Köln
A Woman in the Sun (1961), Whitney Museum of American Art, New YorkBild: Museum Ludwig, Köln

Künstlerisch war Hopper ein Spätzünder. Bevor er zum Jahrhundertmaler aufstieg, arbeitete er als Auftrags-Illustrator. Erst mit über 40 Jahren bekam er als Künstler Anerkennung. Das Museum of Modern Art in New York widmete ihm 1933 eine Einzelausstellung und kaufte ihm ein Aquarell ab. Für 250 Dollar. Von da an ging es steil bergauf. Seine existentialistischen Themen - die Einsamkeit des Städters, die Feindseligkeit der Natur - waren in den 1950er- und 1960er-Jahren brandaktuell.

Licht, Schatten und Architektur

Bis heute haben sie nicht an Brisanz und Beliebtheit verloren. Doch bei aller Popularität ist es falsch zu glauben, Hoppers Kunst sei leicht und verständlich. Im Gegenteil: Die Gemälde sind formal hoch komplex. Vom späten Impressionismus, vor allem von den französischen Malern Degas und Manet beeinflusst, experimentiert Hopper schon ab 1900 in seinen Bildern mit Licht und Schatten. Mal wirft ein Sonnenstrahl einen kühlen, gelben Schimmer auf das Gesicht einer Person am Fenster, mal strahlt ein hartes Kunstlicht aus dem Inneren eines viktorianischen Hauses. Das Licht wird zur Metapher der Gefühlsleere und ist zugleich Zeichen der gestörten Verbindung von Natur und Zivilisation.

Kaum ein Gemälde von Edward Hopper, das ohne Architektur auskommt. In "Nachtschwärmer", dem wohl berühmtesten Bild des Malers von1942, ist es die typische Nachtbar an der Straßenecke, in "Früh am Sonntagmorgen" durchschneidet eine bunte Ladenfront hart den blauen Himmel, einsame Frauen warten in Cafés oder Hotel-Lobbys. Eine eigene Serie bilden die Leuchtturm-Bilder.

Inspiration für Filmemacher


Edward Hopper Ausstellung in Köln
Nighthawks (1942), The Art Institute of ChicagoBild: Museum Ludwig, Köln

Hopper versteht es mit solchen architektonischen Kulissen Spannung aufzubauen. Ein Trick, den der passionierte Kinogänger bei den Kollegen vom Film abgeguckt hat. Aber auch umgekehrt: Zahlreiche Filmemacher haben sich von Hoppers geheimnisumwitterten Gebäuden inspirieren lassen. Wie Alfred Hitchcock, der für Bates' Motel in dem Film "Psycho" das "Haus am Bahndamm" aus Hoppers gleichnamigen Gemälde nachbauen ließ. Einer der glühendsten Verehrer ist sicher Wim Wenders. Als "Bilder in Wartestellung" hat er Hoppers Gemälde bezeichnet. Für seinen Film "Am Ende der Gewalt" ließ er sogar die Bar aus dem Bild "Nachtschwärmer" nachbauen. Und obwohl Hopper in seinen Gemälden alles Anekdotische auf ein Minimum reduziert, scheinen sie sich für eine Geschichte bereitzuhalten. Sie halten die Schwebe zwischen Verheißung und Sehnsucht. Meist wirft der Betrachter über ein Fenster einen verbotenen Blick in fremde Welten. Die Werke tragen unverhohlen voyeuristische Züge.

Bis in die späten 1960er-Jahre bleibt Hopper seinem lakonischen Realismus treu. Doch ob in den Stadtbildern, den Straßen- oder Landschaftsszenen: Seine Gemälde bilden die Wirklichkeit nicht ab, im Gegenteil. Sie entfalten ihren Sinn über das, was der Betrachter nicht sieht. Über dem Dargestellten liegt ein unheimliches Schweigen. Wer die magische Wirkung dieser Gemälde spüren will, der darf sich nicht mit Reproduktionen begnügen. Der muss nach Köln reisen und sich die Bilder im Original ansehen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 9. Januar 2005 im Museum Ludwig in Köln zu sehen.

Öffnungszeiten:

Di-Do 10-18 Uhr, Fr 11-18 Uhr (jeden 1. Fr im Monat 11-23 Uhr), Sa/So 10-18 Uhr.