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Ich bin draußen!

André Moeller / Steffen Leidel24. Oktober 2002

Boris Becker muss wegen seiner millionenschweren Steuerhinterziehung nicht hinter Gitter. Der Tennisstar will das Urteil akzeptieren. "Ich bin frei - das ist das Wichtigste“, reagierte Becker auf die Bewährungsstrafe.

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Mit blauem Auge davongekommenBild: AP

Er kam, sah und gestand. Tennisstar Boris Becker hat zugegeben, seine Einnahmen nicht einwandfrei versteuert zu haben. "Ich habe vor zehn Jahren einen Fehler gemacht. Ich stehe dazu und ich weiß, dass ich dafür büßen muss". Der Ex-Tennisstar, Multimillionär und Held der deutschen Klatsch- und Boulevardpresse, Boris Becker, zeigte schon am ersten Verhandlungstag vor der 4. Strafkammer des Landgerichts München Reue. Reue, die sich gelohnt hat: Der Tennisstar kam mit einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung davon. Zusätzlich verurteilte das Gericht ihn zur Zahlung von 500.000 Euro. Neben einer Geldstrafe von 300.000 Euro soll Becker 200.000 Euro als Bewährungsauflage an verschiedene karitative Einrichtungen zahlen. Beides dürfte der mehrfache Millionär gut verkraften.

"Mein wichtigster Sieg"

Becker jedenfalls scheint mit seiner Strafe sehr zufrieden zu sein: "Ich bin froh und erleichtert, dass dieses Kapitel nun endlich abgeschlossen ist", kommentierte er den Ausgang des Verfahrens. Und schon gibt er sich wieder ganz sportlich mit den Worten: "Das war mein wichtigster Sieg." Die Staatsanwaltschaft hingegen möchte sich in diesem Match noch nicht völlig geschlagen geben. "Wir prüfen nun, ob die Tat und Schuld dem Urteil angemessen sind", kündigte Staatsanwalt Matthias Musiol an.

Musiol hatte eine härtere Strafe für Becker gefordert: Dreieinhalb Jahre Haft ohne Bewährung. Nach seiner Ansicht kam Beckers Geständnis zu spät. Jahrelang habe er die Ermittlungen der Steuerfahnder blockiert und seine Schuld nicht eingesehen.

Wohnsitz zum Schein

Becker hatte von 1991 bis 1993 das Steuerparadies Monaco als offiziellen Wohnsitz angegeben. Seinen Lebensmittelpunkt habe er, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, jedoch bereits seit Herbst 1991 in München gehabt. Damit wäre er in Deutschland voll steuerpflichtig gewesen. Auf diese Weise habe Becker dem Fiskus insgesamt 1,69 Millionen Euro vorenthalten. Als Beweismaterial haben die Steuerfahnder kistenweise Akten sicher gestellt. Allein im Gerichtssaal wurden 50 Ordner ausgestellt.

Beckers Anwälte hingegen hatten die von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafe von Anfang an für "völlig unverhältnismäßig" gehalten. Eine Bewährungsstrafe sei angemessen, so die Anwälte. Becker habe es schließlich nicht darauf angelegt, das Finanzamt zu betrügen. Verteidiger Jörg Weigell hatte in seinem Plädoyer wörtlich erklärt: "Boris Becker ist kein ausgefuchster Abzocker, sondern war ein unbedarfter Tennisspieler."

Mädchen statt Steuerrecht

"Ich hatte Tennis im Kopf und ab und zu noch ein Mädchen". So umschrieb Becker seine Haltung zu Steuerangelegenheiten Anfang der 90er Jahre. Warnungen von Beratern habe er "in den Wind geschlagen". Das Verfahren belaste ihn nun sehr.

Die über zehn Jahre andauernden Steueruntersuchungen hätten ihn sogar dazu gebracht, seine Karriere als Tennis-Crack hinzuwerfen. Staatsanwalt Matthias Musiol äußerte jedoch Zweifel daran, dass das Karriereende wirklich mit den Ermittlungen der Behörden in Zusammenhang stehe. Er hielt Becker trotz seines Geständnisses für "nicht sehr einsichtig". Dass er sich im Klaren darüber war, durch den Wohnsitz in Monacco Steuern zu sparen, habe Becker erst auf hartnäckiges Nachfragen von Richterin Huberta Knöringer eingeräumt.

Mildes Urteil wegen Opfergabe?

Was die Richterin neben der späten Reue milde gestimmt haben dürfte, ist die Überweisung einer beträchtlichen Summe an die Staatskasse. Unmittelbar vor dem Schlussplädoyer der Staatsanwaltschaft teilte die Verteidigung überraschend mit, dass Becker fast 3,1 Millionen Euro überwiesen hatte. Damit ließ Becker dem Fiskus fast doppelt so viel Geld zukommen, wie von der Staatsanwaltschaft gefordert.

Nach Einschätzung von Beobachtern wollte er auf diese Weise weiteren Steuernachforderungen vorbeugen. Mit der Nachzahlung habe Becker seine Steuerschulden wieder wettgemacht, räumte auch der Staatsanwalt ein. Allerdings dürfe es nicht sein, dass sich ein wohlhabender Täter auf diese Weise freikaufen könne.