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Catering in der Luft

Michael Marek / Sven Weniger2. April 2012

Essen und Trinken an Bord eines Flugzeuges entscheiden mit darüber, wie zufrieden Passagiere mit der Airline sind. Doch wer stellt die Menüs zusammen? Zum Beispiel die Firma Gate Gourmet, einer der Großen der Branche.

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###ACHTUNG! NUR IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ARTIKEL VON MAREK/WENIGER VERWENDEN### Wikipedia: Die Gategroup Holding AG (vormals als Gate Gourmet auftretend) mit Sitz in Kloten ist ein international tätiger, auf Airline-Catering spezialisierter Schweizer Konzern. *** Bilder von M. Marek, DW Aufnahmedatum: 01/ 2012
Gate Gourmet in der Schweiz Zürich COPYRIGHT NEUBild: Marek/Weniger

Daniel Luchsinger von Gate Gourmet ist sichtlich stolz. 37.000 Bordmahlzeiten liefert das Unternehmen mit Sitz in der Schweiz täglich an die Fluggesellschaft SWISS. Über elf Kilometer Länge ergäben die kleinen Tabletts, stellte man sie aneinander. Gate Gourmet gilt in der Branche als "big player": Die Nummer drei unter den Airline-Caterern weltweit produziert jährlich mehr als 300 Millionen Mahlzeiten für 270 Fluglinien. Die Zentrale steht am Flughafen Zürich.

Hochregallager für Zeitungen, Pasta und Besteck

Im Zentrum des Gebäudes befindet sich ein Hochregallager. Die riesige, sechsstöckige Werkshalle erinnert selbst an einen Terminal. "Sämtliche Abteilungen auf allen Stockwerken sind um das Hochregallager herum gebaut", erklärt Luchsinger, "alles funktioniert voll automatisch."

Ansonsten herrscht Sprachgewirr, das es zu ordnen gilt. Überall hängen Mitteilungen an die Belegschaft in den unterschiedlichsten Sprachen. 640 Angestellte aus über 50 Nationen arbeiten in der Zentrale. Pausenlos schieben Mitarbeiter Trolleys durch die Gänge, holen fertige Tabletts ab oder bringen neue Ware zum Verarbeiten. An der Laderampe im Erdgeschoss mit direktem Zugang zum Rollfeld des Flughafens werden fortwährend Lastwagen beladen, die zu den abflugbereiten Maschinen fahren, so Luchsinger: "In der Regel produzieren wir zwölf Stunden im Voraus. Danach wird alles eingelagert und gekühlt." Ein bis zwei Stunden vor Abflug wird das Essen aus dem Lager geholt, um es anschließend in den Flugzeugen zu verstauen.

Ausgefeilte Menüentwicklung

In den klimatisierten Räumen stehen Küchenhilfen wie in einer Großküche am Fließband. Das erinnert ein wenig an die großen Gepäckbänder gleich nebenan im Flughafengebäude. Nichts bleibt vor der Auslieferung der Menüs dem Zufall überlassen. Doch das ist nur die eine Seite. Gleichzeitig feilen Produktmanager zusammen mit Spitzenköchen monatelang an jedem Bestandteil, das den Passagieren später während des Fluges vorgesetzt wird: "Auf unseren Interkontinentalflügen promoten wir die verschiedenen Regionen der Schweiz." Sarah Klatt-Walsh ist bei SWISS verantwortlich für die Menü-Entwicklung an Bord: "Unser Ziel ist es, die Schweiz näher an unsere Passagiere zu bringen."

###ACHTUNG! NUR IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ARTIKEL VON MAREK/WENIGER VERWENDEN### Wikipedia: Die Gategroup Holding AG (vormals als Gate Gourmet auftretend) mit Sitz in Kloten ist ein international tätiger, auf Airline-Catering spezialisierter Schweizer Konzern. *** Bilder von M. Marek, DW 01/ 2012
Gate Gourmet in der Schweiz Zürich COPYRIGHT NEUBild: Marek/Weniger

Bis 2001, bis zur Liquidation der Fluggesellschaft Swissair, war Gate Gourmet eine hundertprozentiges Tochter des Unternehmens. Nach ihrem Verkauf gehört die SWISS heute zu den größten Kunden der Gate Group. "Wenn wir ein neues Produkt an Bord bringen wollen, dann laden wir Kunden zu einem Workshop ein. Dort stellen wir im kleinen Kreis unsere kulinarischen Themen vor", erklärt Klatt-Walsh, denn nichts komme bei den Passagieren so schlecht an, wie immer das gleiche Essen vorgesetzt zu bekommen: "Anschließend machen wir das Gleiche mit unseren flight attendants. Wir bringen die besten Küchenchefs der Schweiz an Bord, die mit unserem Caterer Gate Gourmet zusammenarbeiten, um neue Menüs zu kreieren."

Geschmacksveränderung über den Wolken

Doch Menüs müssen erst noch fit fürs Fliegen gemacht werden. Vor allem ringen die Köche am Boden mit dem veränderten Geschmackssinn über den Wolken. Der Druck und die trockene Luft dort oben lassen das Essen nämlich schnell fade schmecken: "Das Geschmacksempfinden, das wir auf 10.000 Meter haben, ist einfach schwächer", weiß Luchsinger zu berichten und gibt ein paar Beispiele: "Salz ist etwas, das wir in der Höhe viel weniger spüren, also müssen wir mehr würzen. Das Gleiche gilt für die Weine, da spürt man die Differenz natürlich auch sehr stark."

Ein geheimbündlerisch wirkender Kreis von Männern steht in einem abgedunkelten Raum um einen Tisch. Deckenlampen beleuchten ein halbes Dutzend neuer Menüs, das auf seine Begutachtung wartet. All diese "Vorarbeiten" haben natürlich ihren Preis. Doch die sonst so auskunftsfreudigen Mitarbeiter von Gate Gourmet und SWISS schweigen, wenn das Thema Kosten zur Sprache kommt. Über das Wechselspiel von Kostendruck und Qualitätsanspruch beim Catering machen sie keine Angaben. Fachleute schätzen indes, dass in der Economyklasse ein Bordmenü um die zwei Euro kostet, in der Businessklasse das Dreifache, und in der Ersten Klasse etwa 20 Euro.

###ACHTUNG! NUR IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ARTIKEL VON MAREK/WENIGER VERWENDEN### Wikipedia: Die Gategroup Holding AG (vormals als Gate Gourmet auftretend) mit Sitz in Kloten ist ein international tätiger, auf Airline-Catering spezialisierter Schweizer Konzern. *** Bilder von M. Marek, DW Aufnahmedatum: 01/ 2012
Gate Gourmet in der Schweiz Zürich COPYRIGHT NEUBild: Marek/Weniger

17 verschiedene Menüs

Ein paar Ecken weiter riecht es nach frischen Backwaren - der Moment, nach dem Klassiker zu fragen, über den sich fast alle Fluggäste aufregen: pappige Brötchen. "Beim Bäcker kommt das Brot frisch aus dem Ofen. Wir dagegen müssen aus Hygienevorschriften alles vorher in einem Kühlschrank lagern, wohlwissend, dass dies dem Geschmackserlebnis des Brotes natürlich nicht gut tut." Daniel Luchsinger weiß um den täglichen Drahtseilakt zwischen Qualität und Lebensmittelsicherheit. Auch die Fluglinien sind sich dieses Problems bewusst. SWISS jedenfalls wärmt daher alle "Brötli", wie die US-Amerikanerin Klatt-Walsh in keckem Schwytzerdütsch sagt, vor dem Servieren an Bord auf.

Manche Produkte sind allerdings als Lebensmittel im Flugzeug tabu. Dazu zählen zum Beispiel Innereien. Dafür wird von koscher bis asiatisch, von diätetischer bis zur Halal-Küche alles produziert. Gleichwohl sei es Kunst, Menüs zu erstellen, die jedem schmecken können - unabhängig von Kultur, Religion oder Herkunft, sagt Klatt-Walsh und nennt das beliebteste Gericht: "In der Premium Class ist es Rind, in der Economy Chicken, Poulet." Huhn ist die Allzweckwaffe in der Holzklasse - wohl auch, weil es das billigste Fleisch ist. "Wir stehen vor der Frage", erläutert hingegen Klatt-Walsh, "wie man eine Mahlzeit an Bord bringen kann, die den Massen entspricht. Und Poulet ist etwas, was jedem schmeckt. Das ist bei uns der Grund, warum es so oft serviert wird."

One shot

Doch mindestens ebenso wichtig wie die Qualität der Nahrungsmittel ist es, das im Flugzeug erwärmte Essen in Windeseile zu verteilen. Hier zählt jeder Handgriff: "Grundsätzlich müssen wir aufpassen, dass wir nicht zuviel Arbeit für die Kabinenbesatzung haben", sagt Klatt-Walsh und quantifiziert den ökonomischen Aufwand beim Handling mit dem Bordessen. In der First Class sind es zwischen vier bis fünf, in der Business zwischen zwei bis drei Handgriffe. Und in der Economy? "All-in-one, one shot", lacht die US-Amerikanerin darüber, dass dort die Essen den Passagieren ruckzuck vor die Nase gelegt werden.

2011 erzielte Gate Gourmet einen Umsatz von knapp 2,7 Milliarden Schweizer Franken, der Gewinn betrug fast 60 Millionen. Am Erfolg also mangelt es nicht: Gate Gourmet gehört in Deutschland zu den großen Systemgastronomie-Betrieben, wie es im Branchendeutsch heißt. Alles läuft also bestens für Gate Gourmet. Nur über eines haben die Schweizer keine Kontrolle: "Kaffeelöffel", erklärt Luchsinger augenzwinkernd, "die sind offensichtlich ein Sammlerobjekt, vor allem bei der SWISS. 900.000 Kaffeelöffel müssen jedes Jahr nachbeschafft werden." Ein horrender Schwund des kleinen Bestecks, mit dem die Kundschaft allerdings auch ihre Zuneigung zur Airline ihres Vertrauens bekundet.