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"Huygens" liefert spektakuläre Daten

15. Januar 2005

Gebirge aus Eis, durchzogen von Flüssen und Bächen aus Methan – die Bilder sind irgendwie vertraut und doch völlig fremd. Ebenso die Geräusche, die in den Tiefen des Alls aufgenommen wurden.

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So sieht es in 1,2 Milliarden Kilometern Entfernung ausBild: ESA


"Sie sind alle zu einer Techno-Party auf dem Titan eingeladen", sagte Marcello Fulchignoni vom französischen Institut für Astrophysik, als er eine Hörprobe der "Huygens"-Reise zum besten gab. Sein Team hatte Radarmessungen in Töne umgesetzt: Je näher "Huygens" der Oberfläche kam, desto schneller und höher wurde die Melodie, die an aktuelle Discomusik erinnerte. Weitere Tondokumente, die mit einem kleinen Mikrofon an Bord der Sonde aufgenommen wurden, hörten sich nach einem mächtigen Grollen an, das von dumpfem Klopfen unterbrochen wird. Unklar ist jedoch, ob das Geräusch von Windböen verursacht wurde.

Bilder, die Huygens vom Saturnmond Titan zur Erde gefunkt hat
Bilder, die Huygens vom Saturnmond Titan zur Erde gefunkt hat (zusammengesetzt von der ESA)Bild: AP

"Kanäle, Schluchten und vielleicht auch eine Küste" seien auf den Aufnahmen zu sehen, die Marty Tomasko, Bilderspezialist der University of Arizona, im ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt präsentierte. Er zeigte ein aus mehreren Schwarz-Weiß-Fotos zusammengesetztes Panorama, das dem Anflug über einer Küste ähnelte. Die weißen Flächen könnten Bodennebel sein. Es sieht so aus, als sei "Huygens" auf einer sumpfartigen orangefarbigen Fläche gelandet. Das Foto aus seiner Umgebung zeige etwa 15 Zentimeter hohe Geröllbrocken, die durch die Perspektive wesentlich größer erscheinen. Die Daten bestätigten die Annahmen der Wissenschaftler, dass die Oberfläche des Titan aus Methan-Seen und -flüssen sowie kleinen und großen Brocken Wassereis besteht, sagte Tomasko.

Klitzekleine Bausteine des Lebens gefunden?

"Huygens" hat außerdem organische Verbindungen und Hinweise auf Wettergeschehen registriert. Eine vorläufige Bewertung der Bilder zeige deutliche Anzeichen für Niederschläge und Flüsse. Missionsanalytiker Michael Kahn sagte, dies sei das wichtigste Ergebnis des Unternehmens. Es bestätige die Vermutung, dass auf dem größten Saturnmond Bedingungen herrschten, die denen in der Frühzeit der Erde vor rund 3,8 Milliarden Jahren ähneln. Im dichten Dunst der Gashülle wurden Kohlenwasserstoffe gefunden, außerdem längerkettige Moleküle aus Stickstoff, Kohlenstoff und Wasserstoff. "Dabei könnte es sich um primitive Vorstufen von Verbindungen handeln, wie sie in der Frühphase der Erde zu Aminosäuren - den Bausteinen des Lebens - geführt haben", sagte Kahn.

Bilder vom Titan, geliefert von "Huygens"
Bilder vom Titan, geliefert von "Huygens"Bild: AP

Weitere Untersuchungen sollen jetzt klären, ob auf dem Titan tatsächlich Substanzen zu finden sind, die auch in der Ursuppe vor vier Milliarden Jahren auf der Erde die Entwicklung des Lebens ermöglichten. Flüssiges Wasser, das als Voraussetzung für Leben gilt, gibt es auf dem Titan wegen der extremen Kälte von Minus 160 bis Minus 180 Grad Celsius allerdings nicht. Wissenschaftler halten es dennoch für denkbar, dass sich auch auf dem Titan irgendeine Art von Leben entwickelt hat oder entwickeln könnte.

"Tribut an die Götter"

Die Bilder und Tonaufnahmen, die "Huygens" geliefert hat, gehen weit über die Erwartungen der Forscher hinaus. "Die ersten Ergebnisse haben mich umgehauen", sagte ESA-Wissenschaftsdirektor David Southwood bei der Präsentation in der Raumfahrtkontrollstation ESOC in Darmstadt. Alle sechs Geräte hätten fehlerfrei gearbeitet.

Getrübt werde der Erfolg lediglich durch den Ausfall eines der beiden Übertragungskanäle. Dadurch seien Daten der Windmessung und für rund 350 Bilder verloren gegangen. Den Ausfall wertete Southwood als "Tribut an die Götter". Ein Großteil der fehlenden Informationen könne jedoch rekonstruiert werden. "Aus dem Signal von 'Huygens', das von 18 Radioteleskopen auf der Erde aufgefangen wurde, können wir bis zu 90 Prozent der Windmess-Daten rekonstruieren", sagte Southwood. "Da wartet jede Menge Arbeit auf die Wissenschaftler, aber Wissenschaftler lieben Arbeit, dafür leben sie." (arn)