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Humanitäre Hilfe oder reine Geschäftemacherei?

28. November 2003

– Polnische katholische Zeitschrift zur Rolle Polens im Irak

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Warschau, 26.11.2003 TYGODNIK POWSZECHNY, poln

Es sieht so aus, als sei die Mehrheit der Polen für den Abzug unserer Soldaten aus dem Irak. Alles, was wir über den Irak und über die Geschehnisse dort wissen, entnehmen wir den Medien. Die Medien konzentrieren sich jedoch vorwiegend auf kleine Vorfälle wie z.B. Angriffe auf Militärkonvois. Es ist wirklich schade, dass in den polnischen Medien so wenig über die Tatsache berichtet wird, dass die Bewohner des Irak immer noch Hilfe beim Wiederaufbau und der Umstrukturierung des Bildungssystems brauchen. Es wird nicht darüber berichtet, dass sie immer noch keinen Zugang zur Wasser- und Stromversorgung haben oder dass es an Medikamenten und ärztlicher Versorgung mangelt. Es wird nicht über die Kinder berichtet, die in ihrem Leben nichts außer dem Krieg und der Diktatur des Saddam Hussein gesehen haben...

Eine Umfrage des Instituts CBOS vom Oktober 2003 ergab, dass 57 Prozent der Befragten die militärische Präsenz polnischer Soldaten im Irak nicht unterstützen. Die Ergebnisse der Umfrage des Instituts GFK Polonia, die ebenfalls im Oktober 2003 durchgeführt wurde, besagen, dass nur 48 Prozent der Polen bereit sind, sich an finanzieller Hilfe für den Irak zu beteiligen.

Es sieht also eindeutig danach aus, dass die Mehrheit der Polen einen Rückzug unserer Soldaten aus dem Irak begrüßen würde. Man sagt auch, dass die Stimme der Mehrheit in einer Demokratie respektiert werden sollte...

Man muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass diese Untersuchungsergebnisse aus einem sehr geringen Wissen über die tatsächliche Situation im Irak resultieren. (...) Der Irak wird mit Terrorismus, mit blutigen Opfern und mit täglichen Lebensbedrohung assoziiert. Über die polnische Militärpräsenz wir im Kontext von Besatzung und Krieg gesprochen. Dann ist es auch nicht verwunderlich, dass wir mit unserer Hilfsbereitschaft zögern.

Wenn die Polen nur mehr darüber wissen würden, womit genau sich die polnischen Soldaten im Irak beschäftigen... Die polnischen Soldaten schulen irakische Polizisten, sie erkunden den Bedarf in den Krankenhäusern und Schulen, sie organisieren Hilfe für die Landwirtschaft, sie sichern und patrouillieren die Straßen und versuchen Verbrechen vorzubeugen... Wenn die Medien mehr darüber berichten würden, bin ich auch sicher, dass die Ergebnisse der Meinungsumfragen anders ausfallen würden. (...) Hat jemand darüber berichtet, dass seit der Zeit, in der die Polen die Zone im Irak übernommen haben, auch die Stromversorgung wiederhergestellt wurde? Oder dass es keine Probleme mit der Versorgung von Kraftstoff gibt und dass das Leben der Menschen dadurch leichter wurde? (...)

Eines der Hauptargumente gegen die Präsenz polnischer Soldaten im Irak hat mit der Enttäuschung zu tun, dass es uns nicht gelungen ist, gute Geschäfte im Irak zu machen. Die Firmen beklagen, dass sie keine Verträge haben und die Skeptiker fragen: Wo bleibt der Gewinn? Aber wie kann man Gewinne machen und Verträge schließen, wenn man nicht vor Ort ist? (...) (Sta)