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Hort islamistischen Terrors?

Helmut Heinzlmeir

Die verheerenden Anschläge auf Bali und den Philippinen haben die Region als Aktionsfeld für islamische Terroristen ins Blickfeld der Weltöffentlichkeit gerückt. Zu Recht?

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Antiamerikanische Proteste in JakartaBild: AP

Auch wenn 85 Prozent der Indonesier sich zum Islam bekennen, ist die Religion in Südostasien ganz anders verwurzelt als beispielsweise in der arabischen Welt. Der Islam kam erst vergleichsweise spät nach Indonesien, etwa ab dem 14. Jahrhundert und vermochte sich auf den einzelnen Inseln nicht gleichermaßen durchzusetzen. So ist er beispielsweise auf Nordsumatra weit stärker vertreten als auf Java, der Hauptinsel Indonesiens. Was man hier denkt, tut und entscheidet, ist für den Rest der Inselwelt verbindlich. Und gerade auf Java blieb das Bekenntnis zum damals neuen Glauben - dem Islam - vielfach oberflächlich. Viele Javaner hielten und halten trotz des Übertritts zum Islam in hohem Maße an vor-islamischen Glaubenswelten fest.

Multireligiöser Vielvölkerstaat

Der Islam in Indonesien war und ist zu einiger Anpassung und Toleranz gezwungen. Das jetzt als Terrorinsel in Verruf geratene Bali vermochte sich sogar als hinduistische Enklave zu behaupten. Überdies leben in Indonesien rund 20 Millionen Christen - ein Erbe der holländischen Kolonialzeit.

Faktisch ist Indonesien heute ein multireligiöser Vielvölkerstaat. Nach Ansicht von Professor Jürgen Rüland, Politikwissenschaftler in Freiburg, kann ein großer Anteil der Bevölkerung nur als "nominell" muslimisch bezeichnet werden. Das Land stellt sich dem Besucher als säkularer Staat dar. Zumindest für die Gegenwart scheint es kaum denkbar, dass dem Islam ein alleiniger politischer Führungsanspruch zugestanden wird.

Trennung von Politik und Religion

Seit über fünfzig Jahren, seit der Unabhängigkeit des Landes, waren - mit wenigen Ausnahmen - alle Regierungen und auch das einflussreiche Militär bemüht, den Islam von der großen Politik fernzuhalten. Sie wussten - und wissen - die Mehrheit der Bevölkerung damit hinter sich. 1999 fanden erstmals seit 1955 wieder freie Parlamentswahlen in Indonesien statt. Die vielen Parteien, die dabei unter der Flagge des politischen Islams antraten, konnten insgesamt kaum die Hälfte aller Stimmen auf sich vereinen.

Sieger waren nationale, säkulare Parteien. Dabei dürfte es voraussichtlich auch bei künftigen Wahlen bleiben. Nicht zuletzt, weil der politische Islam im Lande kaum zu einer gemeinsamen Linie findet. Indonesien ist zwar jetzt vom Terror heimgesucht worden, aber es ist kein islamistisches Pulverfass.

Philippinen: Dauerkonflikt im Süden

Auch die Phillippinen werden immer wieder als Aufmarschgebiet für radikale islamische Gruppen genannt. Dabei sind die Phillippinen das einzige, mehrheitlich christliche Land Asiens. Der Widerstand der islamischen Minderheit im Süden hat eine jahrhundertelange Vorgeschichte. Mittlerweile richtet er sich insbesondere gegen die Folgen der christlichen Zuwanderung aus dem Norden. Gebracht hat dieser Kampf wenig.

Einige der Widerstandsgruppen sind zu schlichten Räuberbanden verkommen, wie etwa Abu Sayyaf, die für Entführungen und Morde bekannt sind und die bereits mit Hilfe amerikanischer Militärs bekämpft worden sind, wenngleich mit wenig Erfolg. Zum Teil erhalten solche Gruppen wohl auch Unterstützung von radikalen islamistischen Gruppen aus dem Ausland.

Keine Lösung in Sicht

Friedensverhandlungen laufen, mit Unterbrechungen, bereits seit Jahrzehnten. Ein zentraler Streitpunkt sind Landkonflikte. Ihre Lösung wird nicht zuletzt dadurch erschwert, dass mittlerweile die jeweiligen Siedlungsgebiete - von Einheimischen und Zugewanderten - kaum noch von einander zu trennen sind. Kennern der Problematik wie Professor Bernhard Dahm von der Universität Passau verbleibt nur ein resignatives Fazit: "Die Region wird ein Konfliktgebiet bleiben, wie es schon seit fünfhundert Jahren eben ein Konfliktgebiet ist."

Fazit: Südostasien bietet sich zwar als Aktionsfeld für den internationalen Terrorismus an. Doch in der Bevölkerung von Ländern wie Indonesien und den Philippinen dürften islamistische Gewalttäter weit weniger Symphatisanten finden als in weiten Teilen der arabischen Welt. Dies zu wissen ist wichtig, wenn dort eine "zweite Front" gegen den Terror aufgebaut werden soll.