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Hass und Vorurteile gegenüber Homosexuellen in Uganda

Lea Bork23. Februar 2015

Ugandas Homosexuelle haben es schwer: Hass und Vorurteile sind weit verbreitet. Ein verschärfendes Gesetz ist geplant, doch die Aktivisten lassen sich nicht einschüchtern. Ein Magazin will mit Intoleranz aufräumen.

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Uganda Homosexualität Parade
Bild: REUTERS

"Wir leben tagtäglich in Angst", so schildert der ugandische Aktivist Vincent die Situation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender und Intersexuellen (LGBTI) in seinem Land. Im Interview mit der DW möchte der Künstler aus Kampala anonym bleiben, die Lage könnte sonst zu gefährlich für ihn werden. "Du kannst dir nie sicher sein, was deine Nachbarn über dich denken. Den einen Tag lachst du mit ihnen und den nächsten Tag sind sie diejenigen, die dich attackieren."

Sarah Jackson, Amnesty International-Regionaldirektorin für das östliche Afrika, bestätigt die Lage als besorgniserregend: "Im letzten Jahr gab es einen enormen Anstieg von Diskriminierungen und Gewalttaten gegenüber LGBTIs."
Von Seiten des Staates kann die LGBTI-Gemeinschaft keinen Schutz erwarten. Homosexuelle Handlungen unter Männern sind in Uganda seit 1950 unter Strafe gestellt, seit dem Jahr 2000 gilt dasselbe für Frauen. Vincent erzählt von Freunden, die aus Uganda flohen, um im benachbarten Kenia Asyl zu suchen. "Die Menschen fühlen sich unsicher. Nicht die Regierung jagt ihnen so große Furcht ein, sondern die Wut der Bürger."

Bombastic: Einzigartig in Uganda

Aktivistin Kasha Jacqueline Nabagesera Foto: Simone Schlindwein
Anlass zur Freude für die Aktivistin Nabagesera: Das Verfassungsgericht kippt ein Anti-Homosexuellen Gesetz am 01.08.2014Bild: DW/S. Schlindwein

Die ugandische Menschenrechtsaktivistin Kasha Jacqueline Nabagesera reagierte auf die homophobe Stimmung in ihrem Land mit der Gründung des Hochglanzmagazins Bombastic. Sie war es auch, die Vincent in ihre Idee miteinbezog und ihn als Redakteur anwarb. Das feste Produktionsteam besteht aus fünf Personen. Hinzu kommen bis zu 35 freie Mitarbeiter. Die meisten ugandischen Medien führen eine Hetzkampagne gegen Homosexuelle und stellen sie als Menschen ohne kulturelle und religiöse Werte dar. "Die Medien lassen uns - die LGBTIs - nicht selbst zu Wort kommen", klagt Vincent. "Wir wollen zu der Bevölkerung sprechen und sie informieren."

Fundraising ermöglicht Ende Dezember 2014 die erste Ausgabe des Magazins. Bombastic erscheint mit der Titelzeile: Unsere Stimmen, unsere Geschichten, unsere Leben. Schon das Cover der Zeitschrift erzeugt Aufregung, ein Männergesicht mit einer glitzernden Maske und lilafarbenen Federn schaut dem Leser ins Gesicht. Auf 69 Seiten erzählen LGBTIs, oftmals anonym, ihre persönlichen Erlebnisse. Das Bedürfnis, Erfahrungen zu teilen, ist so groß, dass gar nicht alle Berichte veröffentlicht werden konnten, sagt Vincent gegenüber der Deutschen Welle. Fast jede Erzählung handelt von Ausgrenzung und Verzweiflung, dennoch strahlen die Autoren und Autorinnen Selbstbewusstsein und Stolz in ihren Artikeln aus. Auch heterosexuelle Professoren und Priester melden sich mit Kritik an Ugandas homophober Gesellschaft zu Wort. "Es ist sehr wichtig, dass Vorurteile in der Gesellschaft auf den Prüfstand gestellt werden", sagt Amnesty-Regionaldirektorin Jackson über die Arbeit von Bombastic. "Das Magazin versucht, das Thema LGBTI auf eine menschliche Ebene zu stellen und die Personen hinter den Stereotypen zu zeigen."

Bombastic ist kostenlos. 15.000 Exemplare gingen in Druck. Sie wurden in Krankenhäusern, Kirchen, Supermärkten, Tankstellen und bei NGOs verteilt. Zudem sendete das Team gezielt Ausgaben an den Präsidenten, an alle Ministerien und an jeden Abgeordneten im Parlament. Darüber hinaus haben sich bisher 30.000 Interessenten das Magazin online auf der Medienplattform Kuchu Times heruntergeladen. Eine erste Reaktion von politischer Seite kam von dem Minister für Ethik und Anstand, Simon Lokodo. Er warnte Bombastic vor einer möglichen Festnahme.

Homosexuelle auf einer Parade in Entebbe Foto: REUTERS/Edward Echwalu
Kämpfen um ihre Rechte: Homosexuelle auf einer Parade in Entebbe August 2014Bild: REUTERS

Arbeiten unter erschwerten Bedingungen

Das Risiko ist groß für die Mitarbeiter von Bombastic. "Es gibt Bedrohungen und gezielte Einschüchterungsversuche von Seiten der Regierung, aber am Ende des Tages ist es unsere Pflicht, unseren Job zu machen", sagt Redakteur Vincent. Von Anfang an war ihm klar, dass die Arbeit immer wieder von Hindernissen geprägt sein würde: "Jeder fragt uns, wann die nächste Ausgabe erscheinen wird. Eigentlich sollte Bombastic alle sechs Monate herauskommen, aber momentan mangelt es einfach am Geld."

Neben diesen strukturellen Problemen könnte bald ein neues Gesetz zur Verschärfung von homosexuellen Handlungen die Arbeit von Bombastic behindern oder sogar unmöglich machen. "Das Gesetz ist sehr vage formuliert, es richtet sich gegen die sogenannte Förderung von unnatürlichen Sexualpraktiken", erzählt Menschenrechtlerin Jackson. "Es ist höchst diskriminierend und hat ernsthafte Konsequenzen für die LGBTI-Gemeinde sowie für die breite Zivilgesellschaft. Neben Homosexuellen würden auch Organisationen oder Personen, die sich für die Rechte von Homosexuellen einsetzen, kriminalisiert werden. Selbst die Gesundheitsversorgung von LGBTIs wäre in Gefahr. Das Gesetz bedeutet eine generelle Einschränkung der freien Meinungsäußerung", so Jackson gegenüber der DW.

Taxifahrer werfen in ihrer Pause einen Blick in das Magazin Foto: Henry Wasswa/dpa
Taxifahrer werfen in ihrer Pause einen Blick in das MagazinBild: picture-alliance/dpa/H. Wasswa

Das Bombastic-Team geriet deshalb massiv unter Druck, möglichst schnell die erste Ausgabe zu veröffentlichen – noch vor der Gesetzesverschärfung. Nachdem im August 2014 ein Anti-Homosexualitätsgesetz, das etwa sechs Monate in Kraft gewesen war, aus formalen Gründen wieder zurückgezogen werden musste, ist der Gesetzentwurf vom Dezember vergangenen Jahres ein neuer Versuch zur Diskriminierung der Homosexuellen-Szene.

Zukunft ungewiss

Der Fortgang des Artikels ist bisher allerdings noch unklar. "Museveni wies das Parlament auf eine Warnung der USA hin, das Gesetz könne Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes haben", berichtet Jackson. Einschränkende Regelungen wie diese würden Investoren extrem abschrecken. Gleichzeitig gilt es aber auch zu beachten, dass 2016 in Uganda Wahlen anstehen und angesichts der Stimmung in der Bevölkerung die Verabschiedung des Gesetzes über vorgeblich unnatürliche Sexpraktiken Musevenis Chancen für eine siebte Amtsperiode erhöhen würde. Die Entwicklungen in Uganda werden in ganz Afrika aufmerksam verfolgt. "Ugandas Entscheidung hat weitreichende Folgen für den Kontinent. Länder in der Region könnten sich dem Beispiel anschließen und ebenfalls Regelungen gegen LGBTIs verabschieden", sagt Jackson.

Ugandisches LGBTI-Magazin Bombastic Foto: ISAAC KASAMANI/AFP/Getty Images
Kasha Jacqueline Nabagesera hält stolz die erste Ausgabe des Magazins in ihren HändenBild: AFP/Getty Images/I. Kasamani

Momentan nutzt das Bombastic-Team noch die Zeit, sich auf die möglichen Auswirkungen des Gesetzes mit neuen Strategien vorzubereiten. Welche das sein werden, möchten sie vorerst nicht öffentlich machen. "Wir erwarten das Gesetz jederzeit", sagt Vincent. Dennoch lässt er sich nicht beirren: "Wir sind stolz. Wir werden Bombastic nicht geheim halten, wir gehen weiter an die Öffentlichkeit. Wenn wir wegrennen, werden unsere Gegner trotzdem bleiben. Nur wenn wir standhaft bleiben und kämpfen, wird sich ihre Einstellung ändern."