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Homo-Ehe erneut aufgewertet

6. Juni 2013

Das Bundesverfassungsgericht hat gesprochen: Der Staat muss Homo-Ehen das Ehegattensplitting im Steuerrecht zugestehen. Grüne und SPD wollen sofort ein Gesetz in den Bundestag einbringen.

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Lesbisches Paar (Foto: fotolia)
Bild: Fotolia/Rikke

Das Bundesverfassungsgericht hat gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften erneut aufgewertet. Die steuerliche Ungleichbehandlung von Ehen und eingetragenen Lebenspartnern sei verfassungswidrig, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil der Karlsruher Richter.

Homosexuelle in eingetragenen Lebenspartnerschaften - ihre Zahl wird in Deutschland mit etwa 34.000 angegeben - haben deshalb Anspruch auf das Ehegattensplitting bei der Einkommensteuer.  Bisher werden sie wie Unverheiratete behandelt und damit wirtschaftlich schlechter gestellt.

"Die entsprechenden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes verstoßen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, da es an hinreichend gewichtigen Sachgründen für die Ungleichbehandlung fehlt", begründen die Richter in Karlsruhe mit sechs zu zwei Stimmen die notwendige Korrektur. Das Gesetz müsse rückwirkend zum 1. August 2001 geändert werden. Also zu jenem Zeitpunkt, als das von der rot-grünen Regierungskoalition formulierte Gesetz zu eingetragenen Lebenspartnerschaften, umgangssprachlich Homo-Ehen, in Kraft trat.

Ehegatten-Splitting auch für Homo-Ehen

Grüne: "Sieg auf der ganzen Linie"

Die Bundesregierung ist nun gezwungen, Lebenspartnerschaften Homosexueller steuerlich mit der Ehe gleichzustellen. Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) ließ in Berlin erklären, dass dies noch in dieser - im September zu Ende gehenden - Legislaturperiode möglich sei. Es würde den Staat künftig rund 30 Millionen Euro pro Jahr kosten. 

Die Grünen reagierten euphorisch auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. "Ich bin überglücklich, das ist ein Sieg auf der ganzen Linie", sagte Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck am Donnerstag in Berlin und setzte ironisch hinzu: "Wir werden gut von Karlsruhe regiert". Mit dem Sieg im Steuer- und Adoptionsrecht werde die Diskriminierung überwunden. Die Regierungskoalition sei blamiert, meint Beck. Union und FDP hätten noch bei den Verhandlungen über das Jahressteuergesetz die Gleichstellung der Lebenspartnerschaften verhindert. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast wertete den Beschluss als weitere Ohrfeige für das "verstaubte Gesellschaftsbild" der Regierung Angela Merkels (CDU). SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles erklärte, es sei "beschämend, dass wieder einmal erst das Bundesverfassungsbericht angerufen werden musste, um die Bundesregierung auf den Boden des Grundgesetzes zu holen". Auch die Linke begrüßte das Urteil. SPD und Grüne wollen einen bereits seit längerem vorliegenden Gesetzesentwurf des Bundesrates bereits in der Bundestagssitzung am Freitag (7.6.) einbringen.

Union allein auf verlorenen Posten

In CDU und CSU sind Befürworter der Gleichbehandlung in der Minderzahl. Zu denen, die sich erfreut über die Karlsruher Entscheidung zeigten, gehört Familienministerin Kristina Schröder (CDU). Parteilinie ist aber bisher, die volle Gleichstellung der Homo-Ehe abzulehnen. Das sorgt auch für Zwist in der schwarz-gelben Regierungskoalition. Die FDP sehe sich durch das Urteil auf ganzer Linie bestätigt, erklärte Generalsekretär Patrick Döring. Das sei ein "Schuss vor den Bug der Union, die sich in dieser Frage als Blockierer erwiesen hat". Es sei ein Trauerspiel, dass CDU und CSU nicht von sich aus zu einer Gesetzesänderung bereit gewesen seien. Außenminister Guido Westerwelle (FDP), der selbst in einer eingetragenen homosexuellen Partnerschaft lebt, betonte auf seiner Facebook-Seite, es sei Zeit, "dass das deutsche Steuerrecht so modern wird, wie unsere Gesellschaft".

Durch das Ehegattensplitting wird die Steuerbelastung von Eheleuten gesenkt. Es wird mit der verfassungsrechtlichen Verpflichtung des Staates zum besonderen Schutz von Ehe und Familie begründet. Dabei wird das Gesamteinkommen der Ehepartner halbiert und darauf die jeweilige Steuerschuld berechnet, die danach wieder verdoppelt wird. Der Vorteil entsteht, wenn einer der Partner wesentlich mehr verdient als der andere, weil der Höherverdienende in den Genuss eines niedrigeren Steuersatzes kommt. Der Staat verzichtete durch das Ehegattensplitting zuletzt auf 15,5 Milliarden Euro pro Jahr.

In den letzten Jahren hatten die Verfassungsrichter bereits angeordnet,  dass homosexuelle Lebenspartner bei der Erbschaftsteuer und der Grunderwerbssteuer nicht gegenüber Ehepaaren benachteiligt werden dürfen.

beg/uh (dpa,rtr,kna)