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Holger G. gesteht NSU-Unterstützung

6. Juni 2013

Im NSU-Prozess hat Holger G. gestanden, das rechtsextreme NSU-Trio mit Ausweisen versorgt zu haben. Er bestritt jedoch entschieden, von terroristischen Straftaten der Gruppe gewusst zu haben.

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Der Angeklagte Holger G. versteckt sich hinter einem Aktendeckel (Foto: dpa)
Bild: Reuters

Im Prozess um die Mordserie der rechtsextremen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund NSU hat ein weiterer Angeklagter die Unterstützung der Zwickauer Terrorzelle eingeräumt. Er habe für die Hauptbeschuldigte Beate Zschäpe eine fremde Krankenversicherungskarte besorgt, sagte Holger G. (Artikelbild - versteckt hinter einem Aktendeckel) vor dem Oberlandesgericht München aus. Ihren Partnern Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos habe er vor deren Selbstmord im November 2011 zwei Mal in Folge seinen Reisepass sowie seinen Führerschein überlassen. Mit den Ausweispapieren soll das Terrortrio mehrfach Wohnmobile angemietet haben - wobei die Zeitpunkte der Anmietungen mit mehreren der zehn Morde zusammenfallen, die dem NSU zur Last gelegt werden.

NSU-Prozess: Mitangeklagter belastet Zschäpe

Wichtiger Zeuge

Im Auftrag des Mitangeklagten Ralf Wohlleben habe er zudem einmal eine Schusswaffe zu den Mitgliedern des NSU transportiert, sagte der Angeklagte. Vor Gericht betonte der 39-Jährige, er habe nie den Eindruck gehabt, mit den Mitgliedern einer terroristischen Vereinigung befreundet zu sein oder solche zu unterstützen. Es habe sich um Freundschaftsdienste gehandelt - und die drei hätten stets beteuert, mit den Papieren "keinen Scheiß" zu machen. Wofür seine Identität missbraucht worden sei, habe er erst nach dem Auffliegen der Terrorgruppe im November 2011 erkannt.

"Ich habe mir zu keinem Zeitpunkt die Dimension ihrer Verbrechen vorstellen können", sagte G. "Das hätte ich mir in meinen schlimmsten Träumen nicht vorstellen können." Ihm sei bewusst gewesen, dass das Trio seit einem Sprengstoffanschlag im Untergrund gelebt habe. Dennoch habe er sich auch nach seiner Abwendung von der rechten Szene aus alter Verbundenheit immer wieder mit ihnen getroffen.

Entschuldigung bei den Opfern

Als er erstmals Böhnhardt seinen Reisepass gegeben habe, habe ihn kein schlechtes Gewissen geplagt, berichtete der Angeklagte. Später wuchsen zwar die Zweifel, allerdings habe er den Bitten des Trios immer wieder nachgeben. Die drei hätten ihn mit einer Mischung aus Flehen und Druck weich bekommen. Für eines der letzten Treffen habe Zschäpe eigens einen Kuchen gebacken und mitgebracht. Später hätten ihn dann die beiden Männer "in die Zange" genommen, um an seinen neuen Reisepass zu gelangen. Politik habe bei den Treffen eine immer geringere Rolle gespielt. G. spricht in seiner Aussage stets von "den Dreien", für die Bundesanwaltschaft ein wichtiges Indiz, dass die Angeklagte Zschäpe ein vollwertiges Mitglied der Terrorgruppe war.

Als erster Angeklagter in dem NSU-Komplex entschuldigte sich G. für seine Taten vor Gericht bei Angehörigen der Mordopfer. "Mir tut das erschreckende Ausmaß der Verbrechen leid", sagte der Lagerist. "Ich bin bereit für meinen Teil die Verantwortung zu übernehmen." Allerdings sei sein Tatbeitrag nicht derjenige, den ihm die Bundesanwaltschaft vorwerfe. Er habe nur gewusst, dass Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe im Untergrund leben. Ihre Taten habe er nicht erahnt und erahnen können.

Bereits am Dienstag hatte ein anderer Beschuldigter eingeräumt, für den NSU eine Pistole und Munition beschafft zu haben. Im NSU-Prozess gibt es insgesamt fünf Angeklagte. Beate Zschäpe als Hauptangeklagte soll zusammen mit Mundlos und Böhnhardt für zehn Morde und fünfzehn Raubüberfälle verantwortlich sein. Der Prozess wird am kommenden Dienstag fortgesetzt.

qu/wl (dpa,rtr)