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Hohe Erwartungen an "Superstar" Jokowi

Grahame Lucas9. April 2014

In Indonesien ist die oppositionelle PDI-P von Politstar Joko Widodo als stärkste Kraft aus den Parlamentswahlen hervorgegangen. Gut für die Demokratie Indonesiens, meint Grahame Lucas.

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Porträt von Grahame Lucas (Foto: DW)
Grahame Lucas ist Leiter der Süd- und Südost-Asien Programme der Deutschen WelleBild: DW/Matthias Müller

Mit dieser Wahl hat sich der 52-jährige Joko Widodo endgültig als neuer Superstar auf der politischen Bühne Indonesiens etabliert. Der äußerst beliebte Bürgermeister Jakartas wird bereits von manchen Kommentatoren als "Obama Indonesiens" apostrophiert. Laut Nachwahlbefragungen, den sogenannten "quick counts", die sich bisher als zuverlässig erwiesen haben, ist seine oppositionelle "Demokratische Partei des Kampfes" (PDI-P) mit 19 Prozent der Stimmen stärkste Kraft im neuen Parlament.

Aus diesem Wahlergebnis lassen sich verschiedene Schlüsse ziehen: Dass erstmals in Indonesien einer früheren Regierungspartei die Rückkehr an die Macht auf regulärem Wege gelingt, ist Zeichen für eine politische Normalisierung in der noch jungen Demokratie. Außerdem ist damit der Weg für die Kandidatur Widodos bei den Präsidentschaftswahlen im Juli frei.

Indonesiens "Yes we can"-Moment

Dank Widodos Triumph erlebt Indonesien derzeit einen "Yes we can"-Moment, ein politisches Frühlingsgefühl. Joko Widowo oder Jokowi, wie er allgemein genannt wird, hat gezeigt, dass er eine Identifikationsfigur für Millionen von Indonesiern ist, unabhängig von traditionellen politischen Loyalitäten. Aus bescheidenen Verhältnissen kommend ist er binnen zwei Jahren an die Spitze der Politik gelangt. Es ist ihm dabei gelungen, sich aus den diversen Korruptionsskandalen der jüngsten Zeit herauszuhalten.

Auch nach seiner Wahl zum Bürgermeister von Jakarta im Jahr 2012 pflegte Widowo sein jugendliches Image, bekannte sich als Rockmusik-Fan, besuchte die Slums der Megastadt und versprach Hilfe für die Armen.

Einen kuriosen Aspekt der Wahl kommentierten viele Nutzer sozialer Medien: Sie hätten ja gerne für Jokowi gestimmt, aber seinen Namen auf den Wahlzetteln nicht finden können. Nicht verwunderlich, denn er war kein Kandidat in einem Wahlkreis. Er präsentierte sich vielmehr als Kandidat ganz Indonesiens und als Mann des Volkes. Ein sehr kluger wahltaktischer Schachzug: Seine Wahl zum Präsidenten scheint vorgezeichnet zu sein.

Votum gegen Intoleranz

Was die übrigen Parteien betrifft, so haben die Wähler die regierende Demokratische Partei von Präsident Susilo Bambang Yudhyono abgestraft, Resultat einer Welle von Korruptionsaffären innerhalb der Regierung. Die fünf islamischen Parteien des größten muslimischen Landes der Erde haben kaum Zugewinne verzeichnet. Insgesamt kann das Wahlergebnis als ein Votum gegen religiöse Intoleranz und gegen Korruption verstanden werden.

Die Frage ist natürlich: Hat Jokowi die Fähigkeit, ein solch riesiges Land mit 240 Millionen Einwohnern zu regieren? Er hat keine politische Erfahrung auf höchster politischer Ebene, noch mit den Herausforderungen der extrem komplexen Innenpolitik des Inselstaates. Hinzu kommt die traditionelle dynastische Struktur und Interessenlage der Parteien. Sie werden - typisch für Asien - von mächtigen Familien und Persönlichkeiten dominiert, Eigennutz kommt vor den Interessen der Wählerschaft. Sollte Jokowi zum neuen Präsidenten gewählt werden, wird er einen Ausgleich zwischen dem Wunsch der Wähler nach "change" und umfassenden Reformen einerseits und dem Beharrungsvermögen und Egoismus der traditionellen Parteien andererseits finden müssen. Eine gewaltige Aufgabe.

Wofür steht Jokowi?

Schließlich weiß niemand, wofür Jokowi eigentlich steht. An der Spitze Jakartas gab er sich als pragmatischer Macher und Entscheider. In den vergangenen Monaten vermied er es sorgfältig, sich auf konkrete Aussagen über seine Prioritäten festzulegen, sollte er an die Macht kommen. Kritiker sagen, dass Jokowis Charisma das politische Programm der PDI-P vollständig überlagert. Die Partei hat durch ihren Wahlerfolg jetzt die Chance, der Desillusionierung der Wähler mit der Politik des Landes etwas entgegenzusetzen. Jokowi seinerseits sollte sich die Lektion seines Vorbilds Obama zu Herzen nehmen, dass unrealistische Hoffnungen sehr leicht zu enttäuschen sind.