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Hoffnung im Kampf gegen die Fliege

5. März 2002

Jedes Jahr infizieren sich bis zu 500.000 Menschen mit der Schlafkrankheit. Nun zeigt sich ein Hoffnungsschimmer: Radioaktive Bestrahlung soll den Überträger der Krankheit – die Tsetsefliege – unfruchtbar machen.

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An der Schlafkrankheit sterben sowohl Menschen als auch TiereBild: IAEA

Im Kampf gegen die vor allem in Afrika grassierende Schlafkrankheit setzen die Experten auf ein neues Mittel: eine Strahlentherapie zur Sterilisierung der männlichen Tsetsefliegen. Wissenschaftler sehen darin die bislang vielversprechendste Methode, die Krankheit unter Kontrolle zu bringen. Unterstützt wird das Vorhaben unter anderem von der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU), der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA).

Erfolgreicher Testlauf auf Sansibar

Tsetsefliege
TsetsefliegeBild: IAEA

"Nur diese Methode kann wirklich die letzte Fliege vernichten", sagt Peter Salema, Sprecher der gemeinsamen Projektgruppe der FAO und IAEA. "Afrikanische Staatschefs schöpfen wieder Hoffnung, dass wir uns die Ausrottung als Ziel setzen können." Ein Testlauf auf der tansanischen Insel Sansibar im Jahr 1997 verlief bereits erfolgreich. Dabei züchteten Forscher tausende männliche Tsetsefliegen, die die Krankheit auf Menschen und Tiere übertragen und sterilisierten sie mit radioaktiver Strahlung. Anschließend wurden die in der Natur lebenden Fliegen mit Insektenvernichtungsmitteln dezimiert und die sterilen Tiere in großer Zahl ins Freie entlassen. Dort konkurrierten sie mit den vorhandenen Männchen um die weiblichen Fliegen. Nachdem wöchentlich weitere sterilisierte Tiere ausgesetzt wurden, war Sansibar nach eineinhalb Jahren fliegenfrei.

Wissenschaftler weisen allerdings darauf hin, dass die Ausrottung der Fliegenart in weniger abgeschiedenen Gebieten schwieriger zu erreichen sei. Dort bestehe das Risiko, dass Fliegen aus bislang unbehandelten Zonen einwandern könnten. Da sich Tsetsefliegen nur langsam vermehrten, sei es zudem schwierig, ausreichend viele zu züchten, um große Gebiete entsprechend behandeln zu können.

Ist die völlige Ausrottung möglich?

"Die Aussichten, die Fliegen auf dem gesamten Kontinent auszurotten, sind nicht sehr groß", sagt auch Tsetse-Experte Tony. "Aber in isolierten Regionen ist es machbar." Projektsprecher Salema ist dagegen optimistischer. Eine völlige Ausrottung sei möglich, könne aber bis zu 50 Jahren dauern, erklärt er.

Erfolg vielversprechend – Finanzierung noch ungewiss

Die Regierungen von Äthiopien, Mali und Botswana haben bereits Mittel für die Kampagne bereitgestellt. Die afrikaweite Bekämpfung der Fliege könnte allerdings jährlich 100 Millionen Dollar (rund 115 Millionen Euro) verschlingen, deren Finanzierung bislang noch völlig offen ist. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die sich ebenfalls in dem Projekt engagiert, schätzt, dass 300.000 bis 500.000 Menschen in 36 afrikanischen Ländern an der Schlafkrankheit leiden. Rund 80 Prozent von ihnen sterben, bevor die Infektion erkannt wird.

Das Insekt der Armut

Eine größere Epidemie, die 1970 ihren Anfang nahm, breitet sich nach Angaben der WHO noch immer aus. In Teilen von Angola, Kongo und Südsudan sterben mehr Menschen an der Schlafkrankheit als an Aids. Darüber hinaus hält die Krankheit Millionen in einem Kreislauf der Armut gefangen: Viele Bauern müssen mit ihrem Vieh aus fruchtbaren Gebieten, wo auch die Fliege gedeiht, auf karges Land umziehen, wo die Insekten nicht überleben. Wer bleibt, muss damit rechnen, dass sich sein Vieh infiziert, nicht recht wächst und weniger Milch gibt. Die geschwächten Tiere sind darüber hinaus zu schwach, um einen Pflug zu ziehen. Das wiederum verringert die Ernte der Bauern.

Handlungsdruck durch Tourismus

Das Ende des Albtraums Schlafkrankheit kann nach Ansicht von WHO-Sprecher Jean Jannin nur erreicht werden, "wenn der politische Wille für ein breites Kontrollprogramm da ist". In den ostafrikanischen Urlaubsländern Kenia und Tansania stieg dieser Druck im Sommer 2001. Während man dort lange zusah, wie immer mehr Einheimische dem "Stillen Tod" erlagen, weckte im Juli eine Nachricht die Behörden auf: Mindestens sieben ausländische Touristen hatten die lebensgefährliche Krankheit von ihrer Safari mitgebracht. (pf)