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Hoffnung auf friedliche Zukunft

28. April 2011

Der vorläufig letzte Wahltag in Nigeria ist relativ friedlich verlaufen. Viele Menschen jubeln - doch die Unruhen, die den Norden nach den Präsidentschaftswahlen erschüttert haben, werden noch lange nachwirken.

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Mehrere Nigerianer vor Wahllokal
Nigerianer warten auf ihre StimmabgabeBild: DW/Gänsler

An der Wahlstation Ladura im Süden von Jos in Zentralnigeria ist die Aufregung groß. Mehrere hundert Menschen drängeln sich vor die kleine Wahlkabine und warten darauf, dass es endlich 12.30 Uhr wird. Denn dann können sie gleich drei Wahlzettel ausfüllen: den ersten für den neuen Gouverneur, den zweiten für den Senator und mit dem dritten Stimmzettel wählen sie das Landesparlament.

Doch bevor sie endlich an der Reihe sind, müssen sie dem amtierenden Gouverneur Jonah David Jang von der "Peoples' Democratic Party" den Vortritt lassen. In aller Ruhe füllt er seine Stimmzettel aus, steckt sie in die durchsichtige Wahlurne und lächelt Wählern und Journalisten entgegen. "Hier verläuft alles in geregelten Bahnen und im ganzen Bundesstaat ist es ruhig", sagt der Gouverneur stolz, der fest von seiner Wiederwahl ausgeht.

Ausschreitungen in Jos sind schon vergessen

Gouverneur Jang steckt seine Stimmzettel in die Urne
Gouverneur Jang ist im Wahllokal der erste, der seine Stimmzettel in die Urne stecktBild: DW/Gänsler

Das war lange Zeit im zentralnigerianischen Bundesstaat Plateau nicht der Fall. Immer wieder ist es hier zu blutigen Ausschreitungen zwischen Christen und Muslimen gekommen ist. Um Religion geht es dabei selten, sondern vielmehr um Macht und Verteilungskämpfe. Viele Menschen sind müde und wollen nichts mehr davon hören. "Das ist doch Vergangenheit", sagt Pastorin Lydia Tobi, die in Ladura zu den offiziellen Wahlbeobachtern gehört, und ärgert sich schon über die bloße Frage danach. "Wir freuen uns doch alle auf eine funktionierende Demokratie. Bei uns ist Frieden eingekehrt."

Die Worte klingen hoffnungsvoll und zugleich fast zynisch. Auch wenn es in Jos dieses Mal ruhig geblieben ist, tobten in vielen Nachbarstaaten nach den Präsidentschaftswahlen am 16. April blutige Straßenkämpfe. Vor allem Jugendliche zündeten Häuser und Kirchen an und entluden so ihren Zorn. Die Unruhestifter ärgerten sich darüber, dass ausgerechnet Amtsinhaber Goodluck Jonathan, ein Christ aus dem Süden, wieder zum Präsidenten gewählt wurde. Sie favorisierten stattdessen Muhammadu Buhari, den Moslem und ehemaligen Militärherrscher aus dem Norden. Doch ob tatsächlich Buharis Partei hinter den Anschlägen steckt oder sogar Anhänger der regierenden "Peoples' Democratic Party" mitmischten, darüber wird nach wie vor nur spekuliert.

Friedensprozess muss neu beginnen

Eine Gruppe von Frauen und Männern wartet in der Sonne
Beobachter schätzen die Wahlbeteilung als sehr hoch einBild: DW/Gänsler

Fest steht jedoch eins: In vielen Bundesstaaten geht seitdem die Angst um. Denn seit den Wahlen sind mehr als 500 Menschen ums Leben gekommen. Zehntausende flüchteten in Polizeibaracken und leer stehende Schulen. Noch am Tag der Gouverneurswahlen detonierten in Maiduguri, einer Großstadt im Nordosten des Landes, Bomben und rissen drei Leute in den Tod. Das Vertrauen ist weg und das Gefühl von Sicherheit auch. Doch ausgerechnet das ist laut Menschenrechtler Emmanuel Onwubiko so wichtig, damit ein Staat überhaupt funktioniert. "Es ist eine Voraussetzung für die weitere Entwicklung im Land", sagt er. Sein Rat ist deshalb, dass die Unruhestifter gefunden und vor Gericht gestellt werden müssen. "Nur so kann die Regierung den Menschen das Gefühl von Sicherheit zurück geben."

Bewaffnete Soldaten und Polizisten sitzen auf Lieferwagen
Bewaffnete Soldaten und Polizisten sollen für Sicherheit sorgenBild: DW/Gänsler

Doch nicht nur im Norden wird sich zeigen, wie sich das Land künftig entwickelt. Wichtig ist auch die Situation im Niger-Delta im Süden des Landes. Von den riesigen Öl-Mengen, die dort gefördert werden, hat die Bevölkerung wenig, im Gegenteil: Die Gegend gilt als eine der ärmsten im Land. Trotz alledem sieht der sonst so kritische Emmanuel Onwubiko einen großen Hoffnungsschimmer. Denn zum ersten Mal habe sein Heimatland gute Führungskräfte gewählt: "Ich glaube daran, dass sie die Lebensbedingungen aller Nigerianer verbessern."

Viele Menschen in den beiden zentralnigerianischen Bundesstaaten Kaduna und Bauchi sehen das indes anders. Aufgrund der Unruhen waren dort die Regionalwahlen auf Donnerstag (28. April) verschoben worden. Bereits vor dem Wahltag war das dortige Sicherheitsaufgebot riesengroß. Zahlreiche Einwohner hatten schon im Vorfeld angekündigt, dass sie lieber daheim bleiben wollen.

Autorin: Katrin Gänsler
Redaktion: Jan-Philipp Scholz