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Hitzige Korruptionsdebatte im albanischen Parlament

17. November 2005

Wegen Korruptionsverdacht hat der albanische Premierminister Sali Berisha Ermittlungen gegen die frühere sozialistische Regierung angekündigt. Im Parlament kam es zwischen Opposition und Regierung zum Schlagabtausch.

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Präsident Berisha will gegen korrupte Politiker vorgehenBild: AP

Fünf Stunden lang tauschten am Montag (14.11.) Regierungskoalition und Opposition bei einer Parlamentsitzung zu dem Thema Korruption gegenseitige Beschuldigungen aus. Dann unterbrach Parlamentspräsidentin Jozefina Topalli die Sitzung. Anlass für die Unterbrechung war der sozialistische Abgeordnete Taulant Bala. Während Premierminister Sali Berisha zum Plenum sprach, schlug Bala, um seinen Protest zum Ausdruck zu bringen, ununterbrochen mit seinen Händen auf den Tisch. Die Parlamentspräsidentin forderte den Abgeordneten auf, sich aus dem Saal zu entfernen. Doch Bala weigerte sich. Daraufhin sah sich Topalli gezwungen, den Sicherheitsdienst des Parlamentes einzuschalten, um Bala aus dem Saal führen zu lassen. In diesem Moment standen alle sozialistischen Abgeordneten auf und hinderten den Sicherheitsdienst daran, den Auftrag der Parlamentspräsidentin auszuführen. Die Sitzung wurde unterbrochen, um sie am nächsten Tag fortzuführen.

Gegenseitige Beschuldigungen

Aus Protest gegen den Saalverweis für ihren Kollegen vom Vortag, blieben dann am Dienstag (15.11.) einige sozialistische Abgeordnete der Sitzung fern. Wie bereits abzusehen war, wurde auch die erneute Parlamentsdebatte sehr hitzig geführt und war von Schwarz-Weiß-Bildern bestimmt. Die Regierungskoalition beschuldigte die Sozialisten der Korruption während der vergangenen acht Jahre, in denen sie die Regierungsgewalt hatten. Die Abgeordneten der Demokratischen Partei forderten Untersuchungen in jedem Fall des Verdachts auf Amtsmissbrauch. Auf der anderen Seite kritisierten die Sozialisten, die Mitte-Rechts-Regierung betreibe lediglich billige Propaganda. Sie warfen der Regierung vor, den Kampf gegen Kriminalität und Korruption zur Bekämpfung politischer Gegner zu instrumentalisieren.

Berisha kündigt Aufklärung an

Premierminister Berisha kündigte an, alle Verantwortlichen für den Missbrauch öffentlicher Mittel vor Gericht zu bringen. „Ich versichere Ihnen, dass mein höchstes Ziel die Wiedererrichtung des Rechtsstaates ist. Aber, meine Damen und Herren, es wird Ermittlungen geben. Und ich garantiere Ihnen, dass der Berg der Korruption nicht versteckt werden kann.“

Opposition spricht von Säuberungen

Der sozialistische Parteisekretär Ben Blushi bezeichnete hingegen die Position von Berisha und der Parlamentsmehrheit als schlichten Versuch, eine politische Show zu veranstalten, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von den Tagesproblemen abzulenken. Blushi bezeichnete die Regierungskoalition als nicht regierungsfähig: „Auch heute hier im Parlament kommt es mir vor wie auf einer politischen Demonstration. So redet doch kein Premierminister. Ich muss sagen, dass nicht nur ich, sondern kaum ein Albaner glauben kann, dass es hier wirklich darum geht, die Ursachen der Korruption zu bekämpfen, sondern es geht schlicht und einfach um eine politische Säuberung. Der Kampf gegen Korruption dient nur als Alibi. Er existiert überhaupt nicht. Wenn er beginnen würde, wie es nötig ist, würde die Regierung stürzen."

Bei der Sitzung wurde auch über die Notwendigkeit gesprochen, den institutionellen und rechtlichen Rahmen so zu ändern, dass Korruption verhindert wird. Die meisten Sprecher fokussierten sich auf die Arbeit der Justiz, deren Integrität trotz massiver internationaler Unterstützung, die sie in den vergangenen Jahren genossen hat, noch immer von vielen Bürgern als problematisch betrachtet wird.

Arben Muka, Tirana

DW-RADIO/Albanisch, 16.11.2005, Fokus Ost-Südost