Historische Duelle: Deutschland - Frankreich
Was, zuvor hat Deutschland bei einer Europameisterschaft nie gegen Frankreich gespielt? Tatsächlich: Alle vier bisherigen Turnierspiele fanden bei einer WM statt. Unvergesslich ist dabei ein ganz übles Foul...
WM 1958 in Schweden
Vor dem Turnier bekommen die deutschen Spieler Taschengeld: zehn Deutsche Mark für jeden. Nach der Halbfinalniederlage gegen Gastgeber Schweden schickt Trainer Sepp Herberger seine Jungs zum Einkaufen. Die meisten holen sich als Souvenir einen Aschenbecher. Im Spiel um Platz drei trifft der amtierende Weltmeister erstmals in einem Pflichtspiel auf Frankreich.
Die höchste Niederlage
Und dass entscheidet der Gegner ganz klar für sich. Beim 6:3-Sieg der Franzosen erzielt Just "Justo" Fontaine seine Tore 10, 11, 12 und 13 im WM-Turnier - ein Rekord, der bis heute hält! Ohne wichtige Spieler wie Fritz Walter, Horst Eckel oder dem jungen Uwe Seeler hat das deutsche Team keine Chance. Sie messen dem Spiel um Platz drei aber auch keine große Bedeutung zu.
WM 1982 in Spanien
Das ist 24 Jahre später im WM-Halbfinale ganz anders: Da geht es um den Einzug ins Finale - ein Drama mit vier Akten! 1. Akt: Reguläre Spielzeit. Pierre Littbarski bringt die deutsche Mannschaft in der 17. Spielminute in Führung. Neun Minuten später verwandelt Michel Platini (vorne) einen Elfmeter für Frankreich zum 1:1-Ausgleich.
Ein übles Foul...
Der 2. Akt handelt von der erinnerungswürdigsten Szene des ganzen Spiels - der 57. Minute: Der eingewechselte Patrick Battiston läuft auf das Tor zu. Keeper "Toni" Schumacher rennt raus, ist zu spät am Ball, rammt aber sein Becken und den Ellenbogen in den Gegner. Ein übles Foul, das im Stadion keiner sieht - auch Schiedsrichter Corver nicht, denn alle Augen folgen gebannt dem Lauf des Balles.
...das ungeahndet bleibt
Der kullert knapp am Pfosten vorbei. Battiston bleibt bewusstlos am Boden liegen und muss mit angebrochenem Halswirbel, einer Platzwunde und zwei Zähnen weniger ausgewechselt werden. Schumacher spielt unterdessen ungerührt kaugummikauend mit dem Ball. Der Schiedsrichter wertet die Aktion nicht als Foul. Schumachers flapsige Reaktion nach dem Spiel: "Ich zahl' ich ihm seine Jacketkronen".
Fischer per Fallrückzieher
Die Verlängerung ist der 3. Akt des Dramas: Die Franzosen gehen durch Marius Tresor früh in Führung. Alain Giresse erhöht kurz darauf sogar auf 3:1. Doch der eingewechselte Karl-Heinz Rummenigge - heute Vorstandsschef beim FC Bayern München - und Klaus Fischer per sehenswertem Fallrückzieher gleichen noch aus. Das Spiel muss im Elfmeterschießen entschieden werden.
Stielike verschießt, Schumacher hält
Der finale Akt: Während des Elfmeterschießens liegt Deutschland zunächst zurück, da Uli Stielike beim Stand von 2:3 mit seinem Elfmeter scheitert (Foto). "Buhmann" Harald Schumacher aber hält die Schüsse von Didier Six und Maxime Bossis. Horst Hrubesch verwandelt zum Schluss seinen Elfmeter - die deutsche Mannschaft ist endlich im Finale (das sie gegen Italien verliert).
WM 1986 in Mexiko
Wieder Halbfinale, wieder Frankreich. Die Franzosen gewinnen zuvor gegen Brasilien und hoffen auf eine sportliche "französische Revolution". Doch die Deutschen unter Teamchef Franz Beckenbauer spielen da nicht mit. Diesmal reichen 90 Minuten, um gegen den amtierenden Europameister mit 2:0 zu gewinnen. Beim ersten Tor - einem Freistoß von Andreas Brehme - hilft Frankreichs Torwart Joel Bats mit.
Zäh, unbequem, diszipliniert
80 Minuten lang laufen die Franzosen in der mexikanischen Hitze dem Patzer ihres Torwarts nach und dominieren das Spiel. Kurz vor Abpfiff aber verwandelt Rudi Völler einen Konter - 2:0. Deutschland wird wieder einmal seinem Ruf als Turniermannschaft gerecht: zäh, unbequem, diszipliniert, steigerungsfähig und bis zum Schluss dabei. Das Finale aber gewinnt Argentinien.
WM 2014 in Brasilien
Das letzte Aufeinandertreffen der beiden Fußballnationen in einem K.o.-Spiel ist erst zwei Jahre her. Bei der WM in Brasilien treffen die Teams diesmal bereits im Viertelfinale aufeinander. Eine intensive Partie, die mehr von Taktik als von Spielkunst geprägt ist. Das frühe Tor von Mats Hummels (12. Minute) gibt der DFB-Elf die nötige Sicherheit.
Superman-Parade
Kurz vor dem Schlusspfiff haben die Franzosen noch viele richtig gute Chancen. Die letzte und beste in der Nachspielzeit, als Karim Benzema im deutschen Strafraum auftaucht. Der Real-Madrid-Spieler ist völlig frei und zieht sofort ab. Deutschlands Welttorhüter Manuel Neuer reißt seinen rechten Arm hoch und rettet so das 1:0 für das DFB-Team über die Zeit.
EM 2016 in Frankreich
Und diesmal? Wieder ein Halbfinale, wieder gegen Frankreich. Diesmal ist es aber keine W-, sondern eine EM. Und Deutschland verliert. Nach 58 Jahren zum ersten Mal in einem K.o-Spiel. Der Weltmeister unterliegt dem Gastgeber mit 0: 2 durch zwei Tore des kleinen blauem Teufels: Antonine Griezmann.
Gut und besser
Die beste Anaylse stammt vom Bundestrainer selbst: "Ich fand Frankreich gut, aber wir waren besser." Und auch Torwart Manuel Neuer meint: "Das Ergebnis ist nicht fair." Mag sein, aber Fakt ist: Der Gastgeber steht im Finale - félicitation. Der - bis dato - zweimalige Europameister kann zum zweiten Mal nach 1984 im eigenen Land den Pokal gewinnen.