Historie: Die Deutschen WM-Quartiere
Deutschland bezieht während der WM Quartier in einem Hotel- und Spa-Komplex vor den Toren Moskaus. Nicht immer war die DFB-Elf so nah dran am Finalort. Und luxuriös ging es in Sachen WM-Quartier auch nicht immer zu.
WM 1954 (Schweiz)
Nicht nur stilistisch ging es im Jahr 1954 noch etwas anders zu als heute. Auch die Ausstattung des WM-Quartiers war noch wesentlich sporadischer. Dass die Mannen von Bundestrainer Herberger so lange im Strandhotel Belvédère in Spiez am Thuner See gastieren würden, hätte im Vorfeld niemand gedacht. Doch das Team schaffte es bis ins Finale nach Bern und wurde gegen Ungarn sensationell Weltmeister.
Bundestrainer Herberger mit Militärs beim Training 1962 in Chile.
Ein ganz anderes Bild acht Jahre später in Chile: Deutschland bezog sein Quartier in der Militärschule "Escuela Militare General Bernardo O’Higgins" direkt in der Hauptstadt Santiago de Chile. Beim Training der Herberger-Truppe im mit Stacheldraht umzäunten Quartier waren regelmäßig Soldaten und auch ranghöhere Militärs anwesend - ein seinerzeit in Lateinamerika aber recht normaler Umstand.
WM 1966 (England)
In der Idylle der Grafschaft Derbyshire residierte das DFB-Team 1966 im Hotel "Peveril of the Peak". Dort ging es dem Team um Stürmer Uwe Seeler und den jungen Franz Beckenbauer blendend. So blendend, dass der Aufenthalt in der Region westlich von Nottingham bis zuletzt ausgekostet wurde. Das Finale gegen Gastgeber England ging bekanntermaßen mit 2:4 verloren.
WM 1970 (Mexiko)
So lässt es sich leben: In der Hitze von Mexiko war ein Pool für das Nationalteam unabdingbar und auch ein Bier gehörte im kühlen Nass zweifelsohne dazu - heute zumindest in Anwesenheit von Fotografen undenkbar. Gerd Müller nannte das Quartier im "Hotel in Balneario de Comanjilla", das ca. 30 Kilometer von Léon entfernt lag, "das Paradies". Immerhin kam Deutschland bis ins Halbfinale.
WM 1974 (Deutschland)
Es war ganz sicher nicht das schönste aller WM-Quartiere, aber genauso sicher ist es wohl das (mit-)legendärste: 1974 "kasernierte" Bundestrainer Schön sein Star-Ensemble in der Sportschule Malente in Schleswig-Holstein ein und legte damit wohl den Grundstein für den späteren Triumph im eigenen Land und WM-Titel Nr. 2 für Deutschland.
WM 1974 (Deutschland)
Sagenumwoben ist bis heute "Geist von Malente". In der Sportschule, die 80 Kilometer nördlich von Hamburg inmitten zwischen Seen und Wäldern liegt, lebte das Star-Ensemble um Netzer, Hoeneß und Co. spartanisch, was sich letztlich als Vorteil erwies. Die allürenbehaftete Truppe soll sich nach der Pleite gegen die DDR in der Küche in der "Nacht von Malente" den Titelgewinn geschworen haben.
WM 1986 (Mexiko)
1986 war wieder Mexiko Gastgeber und das deutsche Team war gut drauf - auf dem Platz und daneben. Während die Truppe bis ins Finale vorstieß, das gegen Argentinien verloren ging, wurde zwischendurch im Luxushotel "Mansión Galindo" in Queretaro nordwestlich von Mexiko City relaxed, gefeiert und auch mal Tennis gespielt. Die Spieler erinnerten sich immer mit Freuden zurück an das Quartier.
WM 1990 (Italien)
Locker ließ es das DFB-Team 1990 in Italien angehen. Im "Castello di Casiglio" am Comer See ließ Teamchef Beckenbauer seinen Mannen eher die lange Leine. Zum ersten Mal gab es hier Besuch der Spielerfrauen, die in einem Hotel direkt neben dem Team-Quartier wohnten. Mit seiner Mischung aus Freiheiten und Coolness leitete Kaiser Beckenbauer das Team zu Titelgewinn Nummer drei.
WM 1994 (USA)
"Far away in America" lautete der Song, den die Nationalmannschaft vor der WM 1994 in den USA aufgenommen hatte. "Not far away", sondern ziemlich nah an der Metropole Chicago liegt das Luxus-Golfhotel "Oak Brook Hills", in dem Bundestrainer Berti Vogts und der WM-Titelverteidiger ihr Domizil bezogen. Es lag auf der Hand: Zwei von drei Gruppenspielen absolvierte das DFB-Team in der "Windy City".
WM 1994 (USA)
Am Anfang war die Stimmung noch bestens: Mit Cowboy-Hüten und Laune zeigten sich Rudi Völler und Co. in der Luxus-Anlage. Doch schon bald schlug die Stimmung brutal um. Nach einer quälenden Vorrunde mit knappen Siegen gegen Bolivien (1:0) und Südkorea (3:2) und einem mageren 1:1 gegen Spanien kam mit dem Aus im Viertelfinale gegen Bulgarien die Katerstimmung.
WM 2006 (Deutschland)
Für die Heim-WM 2006 und den angestrebten vierten Titelgewinn sollte alles perfekt sein. In Jürgen Klinsmann hatte das Team einen Trainer, der in Sachen Quartier auf jedes noch so kleine Detail achtete und alle potenziellen Domizile akribisch unter die Lupe nahm. Er entschied sich für das luxuriöse, mit von Karl Lagerfeld designetem Interieur ausgestattete Hotel "Schloss Grunewald" in Berlin.
WM 2006 (Deutschland)
Da hatte es die Spitzenpolitik nicht weit. Für imageträchtige Bilder stattete Kanzlerin Angela Merkel dem Team einen Besuch im Nobelquartier ab und partizipierte so geschickt am ohnehin wochenlang vor und während der WM anhaltenden Stimmungshoch im sommerlichen Gastgeberland. Erst das bittere 0:2 im nach Verlängerung im Halbfinale gegen Italien riss die Deutschen aus ihrem "Sommermärchen" heraus.
WM 2014 (Brasilien)
Schon bei der Präsentation des Quartiers für die WM 2014 konnte man ahnen, dass dieses ein ganz besonderes werden würde: Kein Hotel-Komplex wie üblich, sondern ein regelrechtes eigenes kleines Dorf, bei dessen Aufbau auch direkt ein Anschluss-Nutzungskonzept vorlag, wurde für Joachim Löw und sein Team 30 Kilometer nördlich von Porto Seguro im brasilianischen Bundesstaat Bahia errichtet.
WM 2014 (Brasilien)
Zum Highlight wurden hier die An- und Abreisen des DFB-Teams zu den Spielen. Per Fähre wurde der DFB-Tross zum Festland in der Kleinstadt Sanato Andre gefahren - immer begleitet vom euphorischen Jubel der örtlichen Bevölkerung. Sieben Mal brach das Team von hier auf. Zum letzten Mal am 12. Juli 2014, dem Tag vor dem Finale. Die letzte Nacht verbrachte die Nationalelf im Hotel in Rio de Janeiro.