1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hinweise auf Giftmord an Arafat

6. November 2013

Russische Experten hatten noch abgewinkt: Es gebe keinerlei Hinweise auf eine Polonium-Vergiftung des verstorbenen Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat. Wissenschaftler in der Schweiz sehen das anders.

https://p.dw.com/p/1ADKF
Jassir Arafat (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images

Noch haben sich die Schweizer Experten nicht öffentlich zu ihren Laborergebnissen geäußert. Doch ihr Gutachten lege eine Vergiftung mit dem radioaktiven Element nahe, melden der arabische TV-Sender Al-Dschasira und die britische Zeitung "Guardian". Die Proben, die bei einer Exhumierung von Arafats Leiche vor knapp einem Jahr entnommen worden waren, würden 18-mal mehr Polonium-210 enthalten als normal, heißt es. Für Arafats Witwe Suha sind sämtliche Zweifel an einem natürlichen Tod nun bestätigt. Sie spricht von einem politischen Attentat, vom "Verbrechen des Jahrhunderts".

Die Schweizer hatten die ganze Aktion mit Untersuchungen von persönlichen Gegenständen Arafats ins Rollen gebracht. Experten des Institut de radiophysique der Universitätsklinik in Lausanne fanden im Juli 2012 erhöhte Werte des radioaktiven Poloniums unter anderem an Arafats Unterwäsche. Mit derselben Substanz war der frühere KGB-Agent Alexander Litwinenko 2006 in London vergiftet worden.

Nach der Exhumierung hatten dann die Schweizer ebenso wie Experten aus Frankreich und Russland die Gewebeproben - unter anderem aus einer Rippe und dem Beckenbereich Arafats - erhalten und untersucht. Die Schweizer Wissenschaftler legten ihr Ergebnis der Palästinensischen Autonomiebehörde in Ramallah vor. Die Laborwerte sollen aber erst dann veröffentlicht werden, wenn auch das französische Gutachten vorliegt. Russische Experten hatten eine Vergiftung Arafats mit Polonium bereits ausgeschlossen.

Israel weist Vorwürfe zurück

Israel hat den Schweizer Untersuchungsbericht als unseriös kritisiert. Der Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem, Jigal Palmor, sagte laut der Zeitung "Jerusalem Post", die Experten hätten weder die früheren Arbeitsräume Arafats in Ramallah auf die radioaktive Substanz untersucht noch das französische Militärhospital, in dem Arafat 2004 im Alter von 75 Jahren gestorben war. "Klar ist nur, dass die Theorie (vom Giftmord) große Löcher aufweist, mehr Löcher als ein Schweizer Käse", sagte Palmor.

Auch Vertraute des früheren Ministerpräsidenten Ariel Scharon haben eine Verantwortung Israels für einen möglichen Giftmord an dem Palästinenserführer zurückgewiesen. "Nach meinem besten Wissen gab es während meiner Zeit im Büro des Regierungschefs keinerlei Absicht, Arafat zu vergiften oder ihm Schaden zuzufügen", sagte Scharons ehemaliger Kanzleichef Dov Weissglass der Nachrichtenseite "ynet".

Tödlich schon in kleinsten Mengen

Der britische Forensiker David Barclay sagte, seiner Meinung nach sei es absolut gewiss, dass eine Vergiftung mit Polonium die Ursache der Erkrankung Arafats gewesen sei. Der radioaktive Stoff, der in dem Leichnam gefunden worden sei, müsse in einem Kernreaktor hergestellt worden sein. Dafür kämen mehrere Länder in Betracht. Allerdings müsste es jemand aus Arafats unmittelbarem Umfeld gewesen sein, der ihm das Mittel verabreicht habe, sagte Barclay weiter. Vermutlich sei es als Pulver in ein Getränk, eine Mahlzeit, in Augentropfen oder Zahnpasta gemischt worden. "Eine kleine Menge Polonium von der Größe einer Haarschuppe würde ausreichen, um 50 Menschen zu töten, wenn es in Wasser aufgelöst von ihnen getrunken würde."

Der langjährige PLO-Vorsitzende Arafat war im November 2004 in einem Militärkrankenhaus bei Paris im Alter von 75 Jahren verstorben. Seitdem halten die Palästinenser an dem Vorwurf fest, Israel habe ihren früheren Präsidenten vergiftet. Nach den Poloniumfunden an den persönlichen Gegenständen Arafats hatte seine Witwe in Frankreich Anzeige erstattet. Daraufhin wurden Mordermittlungen eingeleitet.

rb/kle (afp, ape, dpa, rtre)