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Hindukusch statt Oder

Nina Werkhäuser27. April 2003

Nicht erst seit dem Irak-Krieg ist klar, dass sich die Anforderungen an die Bundeswehr verändert haben. Verteidigungsminister Struck (SPD) erläutert die neuen Aufgaben und die nötigen Anpassungsmaßnahmen.

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Über Verteidigung nachdenken ist sein Job: Peter StruckBild: AP

Bundesverteidigungsminister Peter Struck will den von seinem Vorgänger Rudolf Scharping eingeleiteten Reformprozess der Bundeswehr konsequent vorantreiben. Die Truppe muss sich heutezutage auf weltweite Friedenseinsätze und Terrorismusbekämpfung einstellen, nicht mehr, wie zu Zeiten des Kalten Krieges, auf die Abwehr eines konventionellen Angriffs auf deutsches Territorium, erläuterte der Minister in einem Gespräch mit DW-TV.

Unvorstellbar vor zehn Jahren

Die Zeiten sind vorbei, als die Bundeswehr vor allem eins übte: Die Verteidigung Deutschlands mit schweren Panzern und Kampfflugzeugen gegen einen Feind, der im Osten stand. Heute ist die Landesverteidigung nur eine Aufgabe von vielen. Inzwischen beteiligen sich deutsche Soldaten an internationalen Friedenstruppen und engagieren sich im Kampf gegen den Terrorismus. Rund 8500 von ihnen sind zur Zeit im Auslandseinsatz - vor einem Jahrzehnt war das noch unvorstellbar.

Verteidigungsminister Peter Struck passt die Struktur der Armee an die neuen Herausforderungen an. Man sei dabei, die Bundeswehr umzustellen auf die Aufgaben, die sie hat - nämlich eine Einsatzarmee zu sein. "Unsere Fähigkeiten, wie die Präsenz in Afghanistan zeigt oder auf dem Balkan oder am Horn von Afrika, sind gut", so Struck. "Wir müssen diese Fähigkeiten noch mehr verbessern, weil die Zukunft der Bundeswehr aus solchen Einsätzen bestehen wird - und nicht an der Oder zu stehen."

Der Verteidigungsminister und seine Generäle gehen dabei neuerdings von der Überlegung aus, dass der Begriff der Landesverteidigung mehr umfasst als die Verteidigung des deutschen Staatsgebiets. "Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt", sagt Struck. "Das bedeutet, dass alle Projekte und Vorhaben der Bundeswehr sich daran messen lassen müssen."

Alle Waffen auf dem Prüfstand

Das heißt im Klartext: Alle Waffensysteme der Bundeswehr müssen auf den Prüfstand. Statt schwerer Panzer sind nun gepanzerte Geländewagen gefragt, und genauso wichtig wie Kampfflugzeuge sind heutzutage große Transportmaschinen für die Truppenverlegung ins Ausland. Außerdem setzt Verteidigungsminister Peter Struck auf Spezialfähigkeiten: "Wir haben zum Beispiel zu wenig ABC-Abwehrkräfte, also Einheiten, die biologische oder chemische Sprengköpfe oder kontaminierte Gegenden untersuchen können." Solche Einheiten sind momentan in Kuwait, in Kabul und auf dem Balkan stationiert. Die Grenze der Leistungsfähigkeit sei damit erreicht. Da terroristische Angriffe mit ABC-Waffen unter Umständen die Bedrohung der Zukunft sein könnten, müsse hier umstrukturiert werden.

Mittel durch Umbau

Um die Mittel für den kostspieligen Umbau freizuschaufeln, schichtet Struck innerhalb der Bundeswehr um - veraltetes Gerät wird stillgelegt, teure Verwaltungsaufgaben werden an die Privatwirtschaft gegeben. Das führt nicht selten zu Unmut in Teilen der Truppe, denn das Geld ist ständig knapp. Weiter personell verkleinern will Struck die Bundeswehr aber nicht. "Ich gehe in der Planung genau wie der Generalinspekteur von 285.000 aus."

Peter Struck ist erklärter Anhänger der Wehrpflicht, kann sich aber eine weitere Verkürzung des neunmonatigen Wehrdienstes vorstellen. Eine Berufsarmee könne Deutschland sich gar nicht nicht leisten, argumentiert der Verteidigungsminister, der die Zukunft der Bundeswehr so sieht: "Es wird eine sehr leistungsfähige Armee sein, in der Größenordnung, die wir jetzt anpeilen, mit immer noch einer Wehpflicht, stark integriert in Europa und gleichberechtigter Partner auch in der Nato."