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Hightech-Deiche gegen Hochwasser in Venedig

19. Dezember 2001

Ein System aus mobilen Dämmen soll Venedig künftig vor dem pittoresken, aber für die Stadt fatalen Hochwasser bewahren.

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"Acqua alta" auf dem Markusplatz in VenedigBild: AP

Nach 20 Jahren Entwicklungs- und Streitzeit hat die italienische Regierung grünes Licht für das umgerechnet fünf Milliarden Mark teure Projekt gegeben. Während die Befürworter glauben, auf diese Weise Venedig vor dem Untergang bewahren zu können, bezweifeln Umweltschützer die Wirkung der mobilen Dämme. Die Umweltorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) hält das Projekt für unnütz, "weil es das Problem nicht löst und nur Sand in die Augen streut."

Doch der Kampf gegen das Hochwasser ist für Venedig überlebenswichtig, da die Stadt andernfalls buchstäblich im Meer versinkt. Es stört den Abfluss der Kanalisation und greift die Mauern der Jahrhunderte alten Paläste an. Auch ohne Hochwasser werden sie vom Salzwasser angegriffen, denn das Abpumpen der Gasreserven unter der Stadt hat dafür gesorgt, dass die Fundamente der Häuser abgesunken sind. Außerdem können Fußgänger Venedig bei Hochwasser nur auf Stegen und an vielen Stellen nur mit Gummistiefeln durchqueren. Das erschwert nicht nur das Leben der Bewohner, sondern schreckt auch Touristen ab, wenn es zu häufig vorkommt.

Schleusen sollen automatisch hochfahren

Das jetzt verabschiedete Projekt sieht den Bau von 79 mobilen Schleusen vor, die automatisch hochgefahren werden, sobald der Wasserstand auf mehr als 110 Zentimeter über den Normalpegel steigt. Die im Lagunengrund verankerten Schleusen sollen fünf Meter dick, zwanzig Meter breit und bis zu dreißig Meter hoch sein.

Maximal zehn Mal im Jahr sollen sie für drei bis vier Stunden den Zufluss von Meereswasser an den Eingängen der Lagune in Malamocco, Chioggia und Lido verhindern. Darüber hinaus sieht der so genannte Mose (Modulo sperimentale elettromeccanico) die Aufschüttung von drei Dämmen außerhalb der Lagune vor, die den warmen Wüstenwind Schirokko daran hindern sollen, das Wasser in Richtung Stadt zu drücken.

Als weitere Schutzmaßnahme sollen Tanker künftig daran gehindert werden, in die Lagune zu fahren. Dieses Verbot tritt nach dem Regierungsbeschluss allerdings erst dann in Kraft, wenn eine künstliche Insel außerhalb der Lagune über eine Unterwasserpipeline das Entladen der Schiffe ermöglicht.

Umweltschützer kritisieren das Milliardenprojekt

Kritiker werfen dem Hightech-System vor, unabsehbare Schäden für das biologische Gleichgewicht zu verursachen, da die Dämme die Lagune in einen See verwandelten. Außerdem steige infolge der sich erwärmenden Erdatmosphäre der Meerespegel weiter an - und damit auch das "acqua alta", das Hochwasser. Das mache die Wirkung der Schleusen, wie sie jetzt geplant seien, zunichte, argumentieren sie.

Der Bau des Milliardenprojekts soll innerhalb der kommenden acht Jahre fertig gestellt werden. Jetzt frohlockt der Präsident der Region Venetien, Giancarlo Galan, der sich jahrelang über "grüne Fundamentalismen und nutzlose Litaneien" der Gegner des Mose geärgert hat: "Bald können die Venezianer endlich ihre Gummistiefel verkaufen." (pg)