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Hick-Hack um Koranverbrennung

10. September 2010

Die in Florida geplante Koran-Verbrennung verwandelt sich zunehmend in ein absonderliches Verwirrspiel. Kurz nach einer öffentlichkeitswirksamen Absage der weltweit kritisierten Aktion: die mögliche Kehrtwende.

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Terry Jones erläutert seine Position (Foto:ap)
Terry Jones bleibt unbeirrbarBild: ap

"Wir sagen die Veranstaltung nicht ab, aber wir setzen sie aus", sagte Terry Jones, Pastor einer kleinen radikalen christlichen Gruppierung in Florida mit höchstens 50 Mitgliedern, dem Fernsehsender NBC. Kurz vorher hatte er noch bekräftigt, das Vorhaben definitiv nicht umzusetzen. Das Hin und Her begründete er am Freitag (10.09.2010) damit, dass sich die angeblichen Voraussetzungen für die Absage der Bücherverbrennung wieder geändert hätten. Sie beruhte nach seinen Angaben auf einer Vereinbarung mit der muslimischen Gemeinde in New York, dass der umstrittene Bau einer Moschee in der Nähe vom Ground Zero an anderer Stelle verwirklicht werden soll. Dort waren am 11. September 2001 die Zwillingstürme des World Trade Centers von islamistischen Terroristen zum Einsturz gebracht worden, 2752 Menschen wurden dadurch getötet. Die Koran-Verbrennung hatte Jones aus Anlass des Jahrestages für diesen Samstag angesetzt.

Baustelle am Ground Zero (Foto:ap)
Baustelle am Ground ZeroBild: AP

Moschee-Initiatoren überrascht von Jones' Ankündigung

Der von Jones proklamierte Kompromiss wurde jedoch unmittelbar nach der Ankündigung dementiert. Der für den Moscheebau in New York zuständige Imam Feisal Abdul Rauf wies die Aussagen des Pastors deutlich zurück. "Ich bin sehr überrascht", teilte er in einer Erklärung mit. "Wir werden nicht mit unserer noch mit irgendeiner anderen Religion spielen. Noch werden wir einen Tauschhandel treiben." Ein Gespräch mit Jones habe es nicht gegeben. Auch die Entwickler des muslimischen Kulturzentrums "Park 51" in der Nähe von Ground Zero bezeichneten Jones Ankündigung als haltlos.

Empörung in aller Welt

Proteste in Kabul gegen geplante Koran-Verbrennung (Foto:ap)
Proteste in Kabul gegen geplante Koran-VerbrennungBild: AP

Die geplante Verbrennung des heiligen Buches der Muslime sorgt seit ihrem Bekanntwerden weltweit für Empörung. Die US-Regierung äußerte sich zunehmend beunruhigt. Auch Präsident Barack Obama hatte sich eingeschaltet. Er appellierte an Jones, auf den "zerstörerischen Akt" zu verzichten. Es handele sich um eine "destruktiven Geste", die islamischen Fundamentalisten in die Hände spiele und Gewalt erzeugen könne. Später war es sogar zu einer persönlichen Kontaktaufnahme der Regierung mit dem Pastor gekommen. US-Verteidigungsminister Robert Gates hatte Jones eigens angerufen, um ihn von der Aktion abzuhalten, weil sie das Leben vieler amerikanischer Soldaten im Ausland, insbesondere im Irak und Afghanistan, gefährden würde.

Reue bei den Medien?

Terry Jones vor seiner Kirche (Fot:ap)
Terry Jones vor seiner KircheBild: AP

In einigen US-Medien, die seit Tagen flächendeckend über den Fall berichten, ist mittlerweile eine Diskussion darüber ausgebrochen, ob es richtig war, dem Vorsteher einer 30 bis 50 Mitglieder umfassenden Kirchengemeinde so viel an Aufmerksamkeit und Sendezeit zukommen zu lassen. Dadurch, dass über einen Fanatiker so viel berichtet worden sei, sei die Situation unnötig angeheizt worden, heißt es inzwischen mancherorts selbstkritisch.

Weitere Radikale versuchen auf den Zug aufzuspringen

Die "Westboro-Baptistenkirche" in Topeka im US-Bundesstaat Kansas kündigte an, sie werde den Koran verbrennen, sollte Jones seine Aktion endgültig absagen. Der Koran sei voller Lügen, sagte Westboro-Pastor Fred Phelps, und die Kirche habe 2008 schon einmal einen Koran angezündet. Die Webseite der Kirche zeigt einen brennenden Koran. Wie Jones evangelikale Gruppe "Christian Dove World Outreach Center", ist auch Westboro eine winzige Glaubensgemeinschaft mit nur wenigen Mitgliedern.

Autor: Ulrike Quast (dpa,dapd,rtr,epd)
Redaktion: Susanne Eickenfonder

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