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Hermannstadt als Treffpunkt der Ökumene: Vaterunser in drei Sprachen

6. September 2007

Die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung bringt in dieser Woche 2500 Christen verschiedener Konfessionen nach Hermannstadt. Der Ort ist gut gewählt: Das friedliche Miteinander hat hier Tradition.

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Blick auf Hermannstadt (Sibiu)

Das Bild der Alstadt von Hermannstadt (Sibiu) prägen die majestätischen Kirchen von drei verschiedenen Konfessionen. Schon von weitem sind die Türme der orthodoxen Kathedrale zu sehen, die der Hagia Sophia in Istanbul nachgebildet ist. Nur eine Straße weiter steht die evangelische Kirche aus dem Mittelalter, und direkt in ihrer Nähe die Katholische Kathedrale, in der in drei Sprachen gepredigt wird: rumänisch, deutsch und ungarisch. Durch diese Vielfalt ist die siebenbürgische Stadt der ideale Ort für die Dritte Ökumenische Versammlung, die am Dienstag (4.9.) am Großen Ring in der Hermannstädter Altstadt eröffnet wurde.

Brückenfunktion zwischen Ost und West

Das dritte europaweite Treffen von Katholiken, Orthodoxen, Protestanten und Anglikanern nach Basel (1989) und Graz (1997) findet in Rumänien erstmals in einem orthodoxen Land statt. Die rumänisch-orthodoxe Kirche ist die zweitgrößte orthodoxe Kirche der Welt. Als einzige orthodoxe Kirche mit romanisch-lateinischer Sprache hat sie eine besondere Brückenfunktion zwischen Ost- und Westkirche. Auch der erste Papstbesuch von Johannes Paul II. in einem orthodoxen Land fand 1999 in Rumänien statt: ein Meilenstein in der Kirchengeschichte.

"Guter Boden für ökumenische Begegnung"

Für die Ökumene hat gerade die Stadt Hermannstadt eine besondere Bedeutung, meint der Theologieprofessor Stefan Tobler, der in Hermannstadt zusammen mit dem Dekan der theologischen Fakultät, Dorin Oancea, das Institut für Ökumenische Forschung leitet: "Meine Erfahrung hier in Hermannstadt ist, dass es ein sehr guter Boden ist für ökumenische Begegnung, weil hier verschiedene Konfessionen Jahrhunderte lang ziemlich friedlich nebeneinander gelebt haben. Ich sage nicht miteinander, aber nebeneinander; weil Freundschaften da sind, und das soll ausgenutzt werden. Das Einzigartige an Hermannstadt ist, dass hier Protestanten und Orthodoxe miteinander oder eben nebeneinander gelebt haben. Es gibt geografisch und historisch wenige Orte in Europa, wo das der Fall ist, und da haben wir eine zentrale Aufgabe für diesen Dialog Protestantismus – Orthodoxie im Besonderen."

Erneuerung und Einheit

Das Motto des Treffens klingt schon vielversprechend im Hinblick auf eine bessere Kommunikation zwischen den verschiedenen Konfessionen. Organisiert wird das Treffen von der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und dem katholischen Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) unter dem Titel "Das Licht Christi scheint auf alle. Hoffnung auf Erneuerung und Einheit in Europa". Dieses Motto spiegelt bereits die großen Herausforderungen der Versammlung, meint der Schweizer Theologe Stefan Tobler: "Der Titel des Treffens ist "Das Licht Christi scheint auf alle" – ein eher geistlicher Titel, was vielleicht in erster Linie bei Protestanten ungewöhnlich ist, für orthodoxe Sensibilität hingegen aber ganz wichtig: dass alles Denken der Christen, und alles Agieren und Handeln der Christen eine geistliche Grundlage hat. Herausforderung dieser Versammlung wäre also, diese beiden Teile zusammen zu halten: die geistliche Grundlage, Fundierung, das Herz, die Wurzeln, und die Ausstrahlung hinaus in die Welt."

Brisante Themen

Dieser Bezug auf die Welt und die Realität der Gegenwart wird bei der Ökumenischen Versammlung nicht zu kurz kommen. Es stehen insgesamt neun brisante Themenbereiche auf der Tagesordnung, unter anderem Migration, soziale Gerechtigkeit, die europäische Einheit und die Rolle der Kirchen und ihr Verhältnis zueinander. Neben Vorträgen und Plenardebatten werden sich die Delegierten jeden Tag in kleineren Diskussionsgruppen mit den einzelnen Themen beschäftigen. Auch aktuelle Themen wie der Klimawandel werden diskutiert. Prominente Teilnehmer am Treffen in Hermannstadt sind unter anderen der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I. (das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Weltkirche), der päpstliche "Ökumene-Minister" Kardinal Walter Kasper sowie Bischof Wolfgang Huber, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirchen in Deutschland (EKD). Gäste des Treffens sind auch EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, Rumäniens Staatspräsident Traian Basescu und Ministerpräsident Calin Popescu-Tariceanu.

Alexandra Sora, Hermannstadt
DW-Radio/Rumänisch, 5.9.2007, Fokus Ost-Südost