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Hepatitis C - ein heimtückisches Virus

Gudrun Heise28. Juli 2014

Die Strategien gegen Hepatitis C seien unzureichend, so das Fazit der Europäischen Konferenz zu dem Thema. Europaweit leben etwa neun Millionen Menschen mit der Infektionskrankheit - sie werden noch immer stigmatisiert.

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In einem Zellkultur-Labor dosiert eine Doktorandin mit einer Pipette menschliches Blut. (Foto: Jan-Peter Kasper/FSU)
Bild: picture-alliance/dpa

Nein, dass ihr Nachname genannt wird, das möchte Maria nicht. Sie habe zu viele schlechte Erfahrungen damit machen müssen, wie Menschen auf ihre Hepatitis-C-Erkrankung reagieren: "Die Leute machen einen großen Bogen um einen. Die denken, man steckt sie schon an, wenn man ihnen nur die Hand gibt." Heinrich kann über ähnliche Erlebnisse berichten und über vollkommen falsche Vorstellungen einiger Mitmenschen: "Mit dem gehe ich lieber nicht Mittagessen. Nachher hustet der mir in die Suppe, und dann kriege ich das auch", nennt der 53-jährige als Beispiel. So einfach steckt man sich mit dem Hepatitis-C-Virus aber nicht an, obwohl es für diese Form der Hepatitis noch keinen Impfstoff gibt so wie bei Hepatitis A und B.

Das Virus kommt über das Blut

Im Gegensatz zu anderen Organen besitzt die Leber die Fähigkeit, sich von Schädigungen recht gut zu erholen. Eine chronische Entzündung aber hinterlässt ihre Spuren. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer Leberzirrhose, die Leberzellen werden zerstört, und das lebenswichtige Organ kann seine Aufgaben nicht mehr erfüllen. Giftstoffe werden nicht mehr abgebaut. Stattessen werden sie über das Blut im gesamten Körper verteilt. Auch Nährstoffe werden nicht mehr richtig verwertet. Am Ende versagt das Organ. Dann hilft nur noch eine Lebertransplantation.

Übertragen wird diese potentiell lebensgefährliche Virusinfektion etwa über blutende Wunden direkt von Mensch zu Mensch oder auch durch Bluttransfusionen. Erst seit 1988 ist das Hepatitis-C-Virus überhaupt bekannt. "Früher, als man Blut und Blutkonserven noch nicht auf Hepatitis-C-Viren testen konnte, waren Bluttransfusionen die wichtigste Übertragungsart", so Jan Leidel, Vorsitzender der STIKO, der Ständigen Impfkommission in Berlin. Hepatitis C ist eine meldepflichtige Erkrankung. Der behandelnde Arzt muss den Verdacht und die Erkrankung und auch Todesfälle an das Gesundheitsamt melden. "Auch Laboratorien, die Blutuntersuchungen durchführen, müssen den Befund einer Hepatitis-C-Infektion melden, sofern die entsprechende Person nicht schon gemeldet ist."

Blutkonserve (Foto: Fotolia/.shock)
Blutkonserven können das Virus übertragenBild: Fotolia/.shock

Es gibt keine eindeutigen Symptome

Bereits 2010 hat die Weltgesundheitsorganisation WHO Hepatitis C als "weltweit bedeutendes Gesundheitsproblem" eingeordnet und auf eine Stufe mit HIV, Tuberkulose und Malaria gestellt. Schätzungen zufolge leiden weltweit etwa 150 Millionen Menschen an Hepatitis C, davon zwischen 400.000 und 500.000 in Deutschland.

Oft klagen die Betroffenen über Müdigkeit und Abgeschlagenheit, manchmal auch über Gelenkschmerzen oder Leistungsschwäche. Symptome also, die eher unspezifisch sind und auf viele verschiedene Krankheiten hinweisen können. Es gibt keine eindeutigen Frühwarnzeichen und Schmerzen haben die wenigsten Patienten, denn die Leber tut nicht weh. Und so sind viele vollkommen überrascht von der Diagnose, denn Hepatitis C wird oft eher zufällig entdeckt, so wie bei Maria. "Ich hatte mich bei einer Fernreise mit Parasiten infiziert. Die waren im Magen und im Zwölffingerdarm. Über die entsprechenden Untersuchungen ist dann die Hepatitis C ans Licht gekommen." Maria ist sich sicher, dass sie bei einer Operation mit dem Virus infiziert wurde.

Neben Bluttransfusionen waren früher oft nicht einwandfrei sterilisierte Instrumente und Operationsbestecke die Ursache für eine Infektion. Das hat sich geändert, erklärt Leidel. "Heute sind es vor allem der intravenöse Drogengebrauch, also die gemeinsame Benutzung von Drogenbestecken. Theoretisch möglich ist auch eine Übertragung auf sexuellem Weg. Allerdings ist das Risiko hierbei meist sehr niedrig." Derartige Fälle bezögen sich vor allem auf bestimmte, sexuelle Praktiken, die mit einem höheren Verletzungsrisiko einhergingen und damit auch mit einem erhöhten Risiko von Blutungen. Das, so Leidel weiter, sei etwa der Fall bei Männern, die Sex mit Männern hätten.

Nur bei jedem Vierten wird das Virus erkannt

Oft wird nicht erkannt, dass jemand mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert ist, denn anders als andere Organe schmerzt die Leber nicht. Das sei das Heimtückische, so der Leberspezialist Stephan vom Dahl. "Es handelt sich ja um ein außerordentlich üppig ausgestattetes Organ. Sie haben fünfmal mehr Gewebe in diesen eineinhalb Kilogramm Gewicht, als Sie eigentlich brauchen. Das heißt: Die Leber funktioniert erst dann nur noch eingeschränkt, wenn schon 60 bis 70 Prozent zerstört sind. Je früher eine Hepatitis C behandelt wird, desto größer sind die Chancen, dass sie nicht chronisch wird." Aber auch das könne therapiert werden, erklärt vom Dahl. "Gerade wenn die Hepatitis schon Leberschäden verursacht hat, sollte man sie auf jeden Fall noch behandeln, weil sich selbst eine stark vorgeschädigte Leber noch in Maßen und manchmal sogar ganz erstaunlich gut erholen kann."

Hepatitis-C-Erreger unter dem Rasterelektronenmikroskop (Foto: Aventis Pasteur MSD GmbH, Leimen)
Hepatitis-C-Errger unter dem RasterelektronenmikroskopBild: Quelle: Aventis Pasteur MSD GmbH

Verbesserte Therapie

Behandelt wird die Viruserkrankung vor allem mit einer Kombination aus zwei Medikamenten: Ribavirin, das die Vermehrung des Virus hemmt und Interferon, ein körpereigener Eiweißstoff. Er wird unter anderem von weißen Blutkörperchen produziert, vor allem, wenn der Körper sich gegen Infektionserreger wehren muss.

Für Therapiezwecke wird dieses Interferon biotechnologisch hergestellt und in Form von Spritzen verabreicht. Seit Anfang 2014 gibt es neue Medikamente. Die Vorteile: Sie können oral eingenommen werden, und die Therapie ist kürzer. Es ist eine Kombinationstherapie, die den Wirkstoff Sofusbuvir enthält. Über 12 Wochen verabreicht, wird eine Heilungsrate von über 90 Prozent erreicht. Vom Dahl ist zuversichtlich. "Die Therapien werden immer besser. Vor 20 Jahren konnten Sie nur einen von zehn heilen, und jetzt können Sie schon sieben von zehn heilen, und in acht Jahren können wir neun von zehn heilen."