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Helden der Bits

Rebecca Roth 27. Juni 2007

Computerspiele sind in Südkorea Volkssport Nummer eins. Bei den "Warcraft"- oder "Starcraft"-Wettkämpfen treten professionelle Spieler in Ligen gegeneinander an - und werden als Superhelden gefeiert.

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Die Bühne des E-Sport Stadions: Im Hintergrund ist ein Profigamer beim SpielBild: Rebecca Roth

Die Profis üben in letzter Minute noch ein paar Spielzüge ein. Die jungen Männer in Trainingsanzügen hacken hochkonzentriert auf ihre Tastaturen ein. In der Garderobe nebenan werden Haare in Form gebracht und Pickel weggepudert. Kurz vor dem Turnier herrscht gespannte Atmosphäre im Backstagebereich des E-Sport-Stadions in Seoul.

Der Star des Abends, Mah Jae Yun, ist bereits für seinen Auftritt zurechtgemacht. Er ist ein wenig blass, trägt Ohrringe und ein Halskettchen. Aus der Nähe wirkt Mah wie ein ganz normaler 20-Jähriger. Aber sein Alltag unterscheidet sich deutlich von dem seiner Altersgenossen: Mah Jae Yun betreibt Leistungssport – am Computer. Er ist professioneller Strarcraft-Spieler im Team des Lebensmittel- und Unterhaltungskonzerns CJ - ein Traumjob für viele Teenager. Online-Spiele sind die beliebteste Freizeitbeschäftigung südkoreanischer Jungs. Viele verbringen ihre gesamte Freizeit vor Flachbildschirmen in verqualmten Internetcafes. Sie fluchen, wenn sie verlieren. Manche vergessen zu essen oder zu trinken. Andere schlürfen hastig Fertignudelsuppen vor dem Bildschirm. Auch Mah Jae Yun hat einmal so angefangen. Nun ist er Profi und da zählt Disziplin. Acht Stunden täglich trainiert er normalerweise, vor Wettkämpfen auch deutlich länger.

Bescheidene Superhelden

Mah Jae Yun lebt zusammen mit Trainern und Kollegen in einem konzerneigenen Trainingslager. Frauenbesuch ist unerwünscht. Die Einrichtung ist spartanisch. Ein eigenes Zimmer hat keiner der Profis. Dabei verdienen sie mit ihren Spielen Millionenbeträge. Doch statt das Geld einfach auszugeben, sitzen die Online-Gamer den ganzen Tag vor dem Bildschirm und trainieren.

Vor der Bühne warten jetzt Hunderte von Fans auf den Auftritt der Profi-Spieler. Es sind vor allem Mädchen zwischen 15 und 25. Für ihre Stars haben sie Blumen, Parfüm und Süßigkeiten dabei. Mittlerweile hat ein Moderatorenteam auf der Bühne Platz genommen. Sie ist in grünes und violettes Licht getaucht. Kameras schwenken über den Zuschauerraum. Zu lauter Heavy-Metal-Musik und unter dem Gekreische der Fans betreten die Profis die Bühne. In ihren schnittigen weißen Trainingsanzügen sehen sie aus wie Formel-1-Fahrer. Mah Jae-Yun und sein Gegner Pak Min-Su betreten ihre Glaskabinen und nehmen vor ihren Bildschirmen Platz. Beide setzen sich Kopfhörer auf. Die Schlacht beginnt: Konzentriert lassen die Profispieler ihre Finger über die Tastaturen gleiten. Gleichzeitig ist auf den Leinwänden zu sehen, wie feindliche Festungen umzingelt werden und Drachen aufmarschieren. Mah Jae-Yun und Pak Min-Su sind schnell. So schnell, dass die Sportreporter mit ihren Kommentaren kaum nachkommen.

Disziplin ist alles

Das Spiel ist aus. Diesmal hat Mah Jae Yun verloren. Er verzieht keine Mine. Sein Gesicht bleibt so ausdruckslos wie während des gesamten Spiels. Das gehöre sich so, erklärt sein Trainer Cho Kyun-Hwan. Professionelle Spieler müssten trotz des jungen Alters ihre Emotionen beherrschen, auch wenn sie verlieren. Dies mache eben den Unterschied zu den Amateuren aus. Dann verschwindet die Mannschaft durch den Hintereingang. Dort wartet schon der Mannschaftsbus. Es geht zurück ins Trainingslager. Zurück an die Computer. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.