Heinz Oestergaard - Mode für Millionen
Jeder habe ein Recht auf Mode - so die Devise des vor 100 Jahren geborenen Couturiers Heinz Oestergaard. Und so kleidete er nicht nur Stars wie Romy Schneider ein, sondern auch deutsche Nachkriegsfrauen und die Polizei.
Mode für die Trümmerfrauen
Als Oestergaard 1946 aus der Kriegsgefangenschaft heimkehrte, lag Berlin am Boden. Ebenso wie die Männer bauten die "Trümmerfrauen" ihre Stadt wieder auf. "Ich will für diese Frauen Mode machen - etwas Schönes", sagte Oestergaard später in einem Interview. Für seine ersten Kreationen verarbeitete er etwa alte Wehrmachtsuniformen oder Gardinen, bis er sich endlich neue Stoffe leisten konnte (Bild).
Elegant und feminin
Seine ersten Kundinnen: Prostituierte. Nur sie hätten Gelegenheit und Mut gehabt, Aufsehen zu erregen, so Oestergaard, und natürlich das nötige Kleingeld. Heinz Oestergaard war einer der ersten Modeschöpfer, der mit neuen Chemiefasern arbeitete und bei seinen Kreationen auf fließende und elegante Konturen setzte. Zu sehen etwa bei dieser Kollektion von 1963/1964.
Der Couturier der Stars
Dank seiner ausgefallenen Kreationen machte Oestergaard sich bald einen Namen in der schicken Berliner Gesellschaft. Romy Schneider (mittig im Bild), Maria Schell, Hildegard Knef und viele weitere Filmstars der Nachkriegszeit kamen in sein Atelier, das er in einer vornehmen Villa im Berliner Stadtteil Grunewald bezogen hatte.
Mode für die Durchschnittsfrau
Doch Oestergaard wollte nicht nur die Elite einkleiden - er glaubte, dass jede Frau ein Recht auf schicke Mode habe. Ab 1967 fing er an, für das Versandhaus Quelle zu arbeiten. Von vielen belächelt, stellte sich die fast 20 Jahre dauernde Zusammenarbeit mit Firmenchefin Grete Schickedanz (links im Bild) als sehr erfolgreich heraus.
Unermüdlich kreativ
Ab 1967 in München ansässig, behielt Oestergaard sein Modeatelier unter dem Namen "Studio für kreatives Design" bei und entwarf weiterhin ausgefallene Haute-Couture. Hier sieht man ihn mit Fernsehansagerin und Model Petra Schürmann bei der Anprobe eines schwarz-weißen Sommerkleides mit kurzem Mantel aus der Frühjahr-Sommer-Kollektion "black lilies" von 1970.
"Liebenswürdigere" Polizeiuniformen
Anfang der 1970er Jahre sammelte ein junger Polizist aus Baden-Württemberg 5000 Unterschriften für neue Uniformen. Die alten seien zu militärisch und müsste zudem vereinheitlicht werden. Bis dahin gab es 120 verschiedene Modelle. Und so designte Oestergaard die teils bis heute getragene grün-gelbe Uniform - praktisch und knitterfrei. Hier sieht man ihn bei der Präsentation verschiedener Entwürfe.
Modedesigner für Berufbekleidung
Zuvor hatte Oestergaard die knallig-orangenen Overalls der ADAC-Straßenwacht entworfen. Funktional und ohne Knöpfe, damit der Lack nicht verkratzt, wenn sich die Mitarbeiter über die Kühlerhaube beugen.
Vielseitig begabt
Heinz Oestergaard war bis ins hohe Alter sehr kreativ. Zwar zog er sich Mitte der 1980er Jahre aus dem Modegeschäft zurück, lernte aber dann die Kunst des Glasblasens und entwarf Möbel, Vasen und Teppiche. Am 10. Mai 2003 starb Oestergaard im Alter von 86 Jahren in einem Seniorenheim im oberbayerischen Bad Reichenhall.