Heimvorteil für Vettel und Co.
18. Juli 2012Weltmeister Sebastian Vettel schrammte 2009 auf dem Nürburgring knapp an Platz eins vorbei, die anderen hatten noch weniger Chancen auf einen Heimsieg. Nur Rekordweltmeister Michael Schumacher hat von den aktuellen fünf deutschen Formel-1-Rennfahrern jemals auf deutschem Boden gewonnen – und das sowohl in Hockenheim als auch auf dem Nürburgring. Der letzte Erfolg liegt aber schon sechs Jahre zurück. "Wir haben uns das klare Ziel gesetzt, jedem an diesem Wochenende einen Grund zum Feiern zu geben", sagte Schumacher, dessen Vertrag bei Mercedes am Ende der Saison ausläuft. Ob er danach noch eine Saison dranhängen wird, entscheidet sich bis Oktober. "Solange ich Lust habe, fahre ich", hatte er mehrfach erklärt. Doch sportlich läuft es mit dem 12. Platz in der Gesamtwertung noch nicht wirklich rund.
Hoffen auf einen Heimsieg
Mit vier Siegen hält Schumacher auf der Strecke in Hockenheim immerhin den Rekord. Ein fünfter Erfolg in seinem vielleicht letzten Heimrennen der Karriere wäre ein doppelter Erfolg: Bislang wartet der Rekordchampion noch auf seinen ersten Sieg im Silberpfeil. Aber auch Weltmeister Vettel ist heiß auf einen Sieg. Kaum 50 Kilometer von seinem Heimatort Heppenheim entfernt liegt die Rennstrecke quasi vor seiner Haustüre. "Es wäre wirklich etwas Besonderes, hier zu gewinnen", erklärte der Red-Bull-Pilot. Nur in Ungarn und Kanada konnte er ansonsten bislang noch nicht gewinnen, nun soll wenigstens der Heimfluch gebrochen werden. Ein bisschen Rückenwind könnte Vettel vielleicht durch die neueste Kreation von Madame Tussauds bekommen: In Berlin bekam er als erster deutscher Rennfahrer eine eigene Wachsfigur – Schumacher ist in London verewigt. Allerdings war Vettels Teamkollege Mark Webber etwas schneller: Schon im Mai bekam der Australier eine Figur bei Madame Tussauds in Sydney. Mit 116 Punkten steht Webber auch in der Gesamtwertung vor Vettel, der mit 100 Zählern Rang drei belegt. Der Spanier Fernando Alonso führt die Liste mit 129 Punkten an.
Schwerstarbeit für die Reifen
Der Kurs auf dem Hockenheimring stellt vor allem die Reifen vor höchste Herausforderungen: Vor dem Übergang von der Parabolika in die Spitzkehre müssen die Fahrer ihre Autos von 320 Stundenkilometer auf bis zu 50 Stundenkilometer abbremsen und gleichzeitig scharf einlenken. Dabei werden vor allem die Vorderreifen beansprucht. Die 4,574 Kilometer lange Strecke weist viele lange Geraden und kurze Kurven auf.
Das Motodrom ähnelt einem Stadion. Mercedes-Pilot Nico Rosberg hat daran besondere Erinnerungen: 1995 fuhr er mit seinem Vater Keke bei dessen letztem DTM-Rennen über diesen Abschnitt. Es sei der Moment gewesen, in dem er beschloss, Rennfahrer zu werden. "Hockenheim ist ein ganz spezielles Rennen für uns und besonders für mich", sagte er. Auch Marussia-Fahrer Timo Glock sprach von einem einmaligem Highlight: "Wir haben auch noch so viele deutsche Fahrer, dass die Fans eine Auswahl treffen können, wen sie unterstützen. Bei uns gibt es aber keine Rivalität. Wir freuen uns alle drauf." Und so werden Schumi, Vettel, Rosberg und auch Force-India-Pilot Nico Hülkenberg im Heimrennen von besonders vielen Freunden und Familienangehörigen unterstützt: Glocks Vater hat sich gleich mit der gesamten Belegschaft angekündigt.
Hockenheim hofft auf viele deutsche Fans
Und dennoch ist das vorletzte Rennen vor der Sommerpause längst nicht ausverkauft: Bislang sind erst 54.000 Tickets abgesetzt worden, auf mindestens 62.000 wollen die Veranstalter noch kommen. Die Formel 1 bringe nicht automatisch volle Kassen mit sich, erklärte der Geschäftsführer der Hockenheimring AG, Georg Seiler. Allein die Anzahl der abgesetzten Tickets entscheidet darüber, ob sich das teure Geschäft mit dem prestigeträchtigen Motorsportevent tatsächlich finanziell auszahlt. "Natürlich wäre ein Überschuss wünschenswert, doch wir reden eigentlich nicht von einem gewinnbringenden Geschäft unter dem Strich." Gesichert ist die Formel 1 in Hockenheim bis 2018.
Das deutsche Pendant, der Nürburgring, ist dagegen wesentlich schlechter aufgestellt. Die Konkurrenz aus der Eifel wäre eigentlich im nächsten Jahr mit der Formel1 dran, hat aber massive finanzielle Probleme: Die Nürburgring GmbH muss in die Insolvenz. Unklar ist, ob das Rennen 2013 dort überhaupt stattfinden kann. "Es wäre nicht gut, wenn ein deutscher Grand Prix ausfallen würde", machte Hockenheim-Geschäftsführer Seiler klar. "Ich denke auch nicht, dass dies nicht im Interesse von Bernie Ecclestone und den Herstellern wäre." Seiler schloss nicht aus, dass der Hockenheimring wieder jährlich Formel-1-Rennen austragen könnte.