1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Diplomatie in undiplomatischen Zeiten

Michael Knigge cw
24. Mai 2018

Das erste Gespräch von Außenminister Maas mit seinem US-Kollegen Pompeo und Sicherheitsberater Bolton zeigt das Zerwürfnis zwischen Europa und den USA über den Iran. Dennoch: Europas Strategie stimmt, sagen US-Experten.

https://p.dw.com/p/2yFlj
USA Besuch Außenminister Heiko Maas, SPD in Washington
Bild: Imago/photothek

"Amerika ist mehr als das Weiße Haus", twitterte Deutschlands Außenminister Heiko Maas aus Washington. Dazu Bilder vom US-Kapitol sowie den Fraktionsvorsitzenden der Demokraten und Republikaner. Zwar passt das Medium Twitter gut in die Ära von US-Präsident Donald Trump. Doch eigentlich kam Maas in die US-Hauptstadt, um Gespräche mit Regierungsmitgliedern zu führen, konkret mit US-Außenminister Mike Pompeo und dem Nationalen Sicherheitsberater John Bolton.

"Trump kümmert sich nicht um transatlantische Beziehungen"

Dass der deutsche Außenminister in seiner Botschaft aber das US-Parlament in den Fokus setzte, zeigt, wie es um die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA steht: eher schlecht.

"Ich habe seit der Zeit von Präsident Kennedy für die US-Regierung gearbeitet, und noch nie waren die deutsch-US-amerikanischen Beziehungen so schlecht wie zurzeit", sagt James Dobbins, ehemaliger US-Vize-Staatssekretär für europäische und eurasische Angelegenheiten. Für Dobbins, der unter Barack Obama, George W. Bush und Bill Clinton gearbeitet hat, ist der Grund dafür klar: "Es gab noch nie einen Präsidenten, der sich so wenig um diese Beziehungen gekümmert hat."

Kontaktgruppe zu Afghanistan und Pakistan Berlin 14.05.2013 James Dobbins
James Dobbins (M.) hier als US-Sondergesandter für Afghanistan auf einer UN-Konferenz 2013 in BerlinBild: picture-alliance/dpa

Mass: Kein Kompromiss mit den USA in Sicht

Inhaltlich kam es wie erwartet: Zum internationalen Atomabkommen mit dem Iran gibt es zwischen den USA und der EU keinerlei Annäherung. "Ich glaube, dass wir von einem Kompromiss noch weit entfernt sind", sagte Heiko Maas nach dem Treffen mit Pompeo. Der deutsche Außenminister sprach sogar von "zwei völlig unterschiedlichen Wegen".

USA | Außenminister Maas und US-Außenminister Pompeo
"Auf unterschiedlichen Wegen" - Außenminister Heiko Maas und sein US-Amtskollege Mike PompeoBild: Getty Images/C. Somodevilla

Schon das vorangegangene Gespräch mit Trumps Sicherheitsberater John Bolton hatte Maas mit den Worten bilanziert, der Dialog mit der US-Regierung über das Thema werde sich "schwierig" gestalten. "Wir machen uns, was den weiteren Weg angeht, durchaus Sorgen um das transatlantische Verhältnis", sagte der deutsche Außenminister. Und: Er habe bei dem Gespräch mit Bolton nochmals die "große Geschlossenheit" der Europäischen Union betont, an dem Abkommen festzuhalten.

Außergewöhnliche Zeiten

Normalerweise würden derart tiefe Meinungsverschiedenheiten, die derart öffentlich zur Schau gestellt werden, als klarer diplomatischer Misserfolg gewertet. Doch: "Dies sind keine gewöhnlichen Zeiten", sagt Jeffrey Anderson, Direktor des Zentrums für deutsche und europäische Studien der Georgetown University.      

Solange Trump Präsident sei, gälten andere Maßstäbe. Das Beste, worauf man hoffen könne, sei, die Spannungen einzudämmen und den Schaden für die Beziehung zu minimieren. "In diesem Sinne ist Maas' Besuch ein qualifizierter Erfolg: Er hat die Dinge nicht noch schlimmer gemacht."

Es sei illusionär zu erwarten, dass ein deutscher Außenminister etwas an der Haltung der Trump-Regierung gegenüber Teheran bewegen könne. Schließlich habe US-Außenminister Pompeo nur wenige Tage zuvor in einer Rede eine Politik des maximalen Drucks gegenüber dem Iran verkündet, Forderungen an das iranische Regime gestellt und angekündigt, die "stärksten Sanktionen in der Geschichte" zu verhängen, sollte Teheran nicht auf die Forderungen eingehen.

<div class="opinary-widget-embed" data-poll="sollte-europa-am-irandeal-festhalten_deu" data-customer="deutschewelle"></div> <script async type="text/javascript" src="//widgets.opinary.com/embed.js"></script>

Keine Hilfe vom US-Kongress

Auch Ex-Diplomat Dobbins stellt fest, es sei "unvermeidlich" gewesen, dass die Gespräche von Maas mit Pompeo und Bolton ohne greifbares Ergebnis verlaufen seien. Auch vom US-Kongress könnten die Europäer keine große Hilfe in der Iran-Frage wie auch in anderen außenpolitischen Themen erwarten - eine Ausnahme stelle höchstens der Umgang mit dem wiedererstarkten Russland dar.

John Heffern, bis vor einem Jahr noch oberster Beamter für Europa im Außenministerium, wollte die derzeitigen Spannungen zwischen Europa und den USA im Detail nicht kommentieren. Er sei aber überzeugt, dass "es für uns wesentlich ist, mit den Europäern am Iran-Abkommen, dem Klimaabkommen und anderen Fragen zu arbeiten, in denen es unterschiedliche Ansichten gibt." Er setze auf Gespräche und gemeinsame Konsultationen. Die USA respektierten Deutschland als kritischen Partner und wollten versuchen, "einen Weg zur Zusammenarbeit zu finden", so Heffern.

"Europa sollte Trump mit Stärke beeindrucken"

Angesichts des Ausstiegs aus dem Atomdeal und des Pariser Klimaabkommens sowie der Drohung mit Importzöllen für europäische Unternehmen teilt Washington den europäischen Glauben an die Bedeutung der transatlantischen Zusammenarbeit offensichtlich nicht. Vielmehr befindet sich die Trump-Regierung weiter auf Konfrontationskurs zu Deutschland und Europa: Washington stellt Forderungen und erwartet, dass diese ohne Murren erfüllt werden.

Symbolbild Kündigung Atomabkommen mit Iran durch USA
Der Umgang der USA mit dem Iran bringt auch einen Riss zwischen Washington und Europa zu TageBild: Imago/Ralph Peters

Die Europäer sollten sich weigern, dabei einfach mitzuspielen, sagt Dobbins. Zwar solle Europa eine Zuspitzung der Lage ebenso vermeiden wie den Eindruck, eine antiamerikanische Haltung einzunehmen. Dennoch rät der Ex-Diplomat: "Europa sollte seine Interessen präzisieren und klarstellen, dass es sie verteidigen wird. Trump wird eher bereit sein, mit Ländern zu verhandeln, die für ihre Interessen einstehen." Denn, so Dobbins, Stärke sei das, was den US-Präsidenten am meisten beeindrucke.