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Heißer Börsensommer

6. September 2003

Um mehr als 65 Prozent haben die deutschen Standardwerte seit dem Jahrestief am 12. März zugelegt. Nach drei Jahren Bärenmarkt bleibt aber die Angst vor Rückschlägen.

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Händler an der Terminbörse in Chicago spekulierten schon ab März auf die Aktien-Rallye.Bild: AP


Ganz egal ob in Europa oder in den USA: Nach drei Jahren Bärenmarkt reiben sich die Börsianer die Augen beim Anblick der diesjährigen Kursrallye. Alle Börsenregeln scheinen in diesem Jahr außer Kraft zu sein: Statt kräftiger Kursgewinne zu Jahresbeginn rutschten die Marktbarometer rund um den Globus immer tiefer in den Keller. Und nur wenige Wochen nachdem der Deutsche Aktien Index mit mageren 2.892 ins neue Jahr gestartet war, markierte der DAX am 12. März sein schockierendes Jahrestief bei 2.202 Punkten. Die Irak-Krise und die SARS-Epedemie in Asien ließen jede Hoffnung auf eine schnelle Kurserholung in weite Ferne zu rücken.


Doch es kam anders: Um mehr als 65 Prozent hat der DAX seit seinem März-Tief zugelegt. Seit Sommeranfang haben die deutschen Aktien ein Jahreshoch nach dem anderen markiert. Doch es sind vor allem die institutionellen Anleger, die von der längsten Aufwärtsbewegung seit dem Platzen der Spekulationsblase im Frühjahr 2000 profitiert haben. Die meisten Privatanleger haben sich bislang zurückgehalten.

Zwischenhoch oder Trendwende?

Dabei bleiben die Profis optimistisch. Die Aktienstrategen der der Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) etwa sehen das deutsche Kursbarometer zum Jahresende bei 4.100 Punkten. Und 2004 könnte die Reise nach oben weiter gehen. Nach den teils drastischen Einschnitten und Restrukturierungsmaßnahmen, so die Diagnose der LRP-Banker, werden die Unternehmensgewinne umso deutlicher steigen.

Auf dem falschen Fuß wurden die meisten Kleinanleger erwischt. Nach den drastischen Verlusten der vergangenen Jahre fehlt bei vielen einfach das Geld, um zu investieren. Andere haben ihr Geld in Aktienfonds gesteckt und hoffen, irgendwann einmal ihr eingesetztes Kapital wiederzusehen.

Wer in diesem Jahr auf die alte Börsenregel "Sell in May and go away“ hörte, war bei der Sommer-Rallye nur Zuschauer. In der klassischen US-Ferienzeit, so rechnete der Branchendienst MarketHistory.com vor, zwischen den US-Feiertagen Memorial Day am 26. Mai und Labour Day am 1. September, verbesserte sich der Dow Jones Index um rund neun Prozent. Damit fiel das Kursplus dreimal so stark aus wie sonst. Im Schlepptau der Wall Street kletterten auch in Europa und Asien die Kurse weiter nach oben.

Trendsetter USA

Dreh- und Angelpunkt wird aber die Entwicklung an den US-Märkten sein und die orientieren sich an der Konjunkur-Entwicklung in den USA. Gail Fosler, Chef-Volkswirtin des amerikanischen Konjunkturforschungs-Instituts Conference Board in New York, glaubt, dass auch in der näheren Zukunft die globalen Börsentrends von der Wall Street vorgegeben werden: "Der US-Aktienmarkt ist der Gradmesser für riskantere Anlageformen, so wie die US-Staatsanleihen den Trend für risikoarme Investments weltweit vorgeben. Die anderen Finanzmärkte folgen den amerikanischen im Schlepptau. Und das wird vorerst auch so bleiben.“

Wie lange der Aufwärtstrend anhalten wird – das ist jetzt die große Frage. Der Altmeister der Chart-Analyse, Ralph Acampora von Prudential Securities, hält 10.000 Dow-Punkte bis zum Jahresende durchaus für realistisch. Sein aktueller Marktkommentar fällt insgesamt positiv aus: "Seit März haben wir zweistellige Zuwächse erlebt und die meisten Indizes haben wichtige Widerstände geknackt. Kommt aber zuviel Euphorie in den Markt und der Markt ist "überkauft“, führt das erfahrungsgemäß zu einer Korrektur.“ Doch solange diese Verkaufswellen im Rahmen bleiben, so Acampora, sind sie eine durchaus normale und gesunde Angelegenheit.

Doch ganz egal, welche Kursziele die Anlage-Profis auch nennen. Fast alle glauben, dass der aktuelle Bullenmarkt nicht ewig leben wird. Michael Kahn, technischer Analyst und US-Börsenbrief- Herausgeber, bringt es auf den Punkt: "Bis zum Ende dieses Jahrzehnts wird es zwar starke Ausschläge nach oben und unten geben, bei denen sich Geld verdienen lässt. Doch am Ende wird sich der Markt nicht sehr viel bewegen.“

Und so bleiben die Anleger bei aller Freude über die Kursgewinne der letzten sechs Monate März vorsichtig: Bei jedem Signal, dass die Hoffnung auf eine robuste Konjunkturerholung in den USA dämpft, geben wieder die Verkäufer den Ton auf dem Börsenparkett an. Wie am Freitag (5.9.), nach der Veröffentlichuing der amerikanischen Arbeitslosenzahlen. (tko)