1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Heiße Gelder weiter auf dem ungarischen Markt

12. Februar 2003

– Mehr als eine Billion Forint ins Land geflossen - Stellungskrieg um Forint-Wechselkurs

https://p.dw.com/p/3GFs

Budapest, 10.2.2003, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch

Mehr als drei Wochen nach den spekulativen Angriffen auf den Forint konnte immer noch keine Klarheit darüber geschaffen werden, wie viel von dem damals eingeschleusten heißen Kapital sich noch auf dem ungarischen Geldmarkt befindet. Die meisten Marktakteure und Analysten sind sich darüber einig, dass Mitte Januar mehr als eine Billion Forint ins Land flossen, das entspricht mehr als vier Milliarden Euro.

Die Schätzungen, wie viel davon jetzt noch in Ungarn sind, gehen weit auseinander. Einzelne Analysten sprechen von einem Betrag von unter drei Milliarden Euro, andere meinen, es könnten noch 3,5 Milliarden Euro so genanntes heißes Geld auf dem ungarischen Geldmarkt sein. Tatsache ist auf jeden Fall, dass der Geldmarkt in Liquidität schwimmt. Einzelne Marktakteure und Volkswirtschaftler vertreten auch die Ansicht, dass sich daran so schnell nichts ändern wird, zumal die Notenbank das Limit für den so genannten Zwei-Wochen-Mengentender bereits Mitte Januar auf 100 Milliarden Forint herab gesetzt hat und nach viermaligem Abhalten Ende Januar ihre freien Devisenauktionen aussetzte - damals sollte der Verkauf großer Mengen der Euro-Reserven den Markt etwas beruhigen.

Wie erfolgreich die Notenbank wiederum mit ihrer Serie von Devisenauktionen überhaupt war, lässt sich kaum genau ermitteln. Da die Zentralbank weder die Konditionen für die Auktionen, noch die Ergebnisse bekannt gab, ist dies auch schwerlich möglich. Branchenkennern zufolge sollen insgesamt lediglich etwa 600 Millionen Euro verkauft worden sein - nicht viel angesichts des Volumens des heißen Kapitals.

Der Wechselkurs soll sich dabei zwischen 243 und 246 Forint pro Euro bewegt haben. Das geringe Interesse wird verständlich, wenn man bedenkt, dass zuvor für einen möglichst verlustlosen Ausstieg des heißen Geldes von einem Wechselkurs von 250 bis 255 Forint pro Euro gesprochen wurde. Dessen ungeachtet soll die ING (Finanzkonzern - MD) am 28. Januar außerhalb der Auktion 600 Millionen Euro von der Notenbank gekauft haben. Nach der vierten Auktion wurde dann die Aussetzung der Euro-Verkäufe ohne weitere Erklärung verkündet.

Allerdings haben die Auktionen für die Notenbank noch ein Nachspiel, denn die Ungarische Forex-Gesellschaft meldete am 30. Januar moralische Bedenken gegenüber dem Verhalten der Zentralbank im Zusammenhang mit den Euro-Verkäufen an. Sie legte auch bei der internationalen Forex-Gesellschaft ACI Protest gegen die Notenbank wegen "nicht ethischen Verhaltens" ein. Diese Bedenken werden zwar keine rechtlichen Konsequenzen haben, sie können aber als Protest des Marktes gewertet werden.

Das heiße Geld wiederum hat somit die seitens der Notenbank gebotene Möglichkeit des Ausstiegs aus dem Markt nicht genutzt. Es ist dagegen auf dem ungarischen Geldmarkt als Tagesgeld für 3 bis 3,5 Prozent Zinsen in Wartestellung gegangen und sorgt damit für eine hohe Liquidität. Zugleich bestehen wenig andere Möglichkeiten, um das Geld zu parken. Das Limit für den Zwei-Wochen-Mengentender mit einem Zinssatz von 6,5 Prozent wurde begrenzt, auch der Einstieg in den Markt für Staatstitel ist wegen der Laufzeiten schwer möglich. Dennoch nehmen die Experten sehr stark an, dass ein Teil der heißen Gelder vorübergehend sein Heil in diesem Markt sucht.

Die ungarische Nationalbank will ihrerseits mit administrativen Maßnahmen gegen das spekulative Kapital vorgehen. So hat sie für den 18. Februar die Änderung der Geschäftskonditionen angekündigt, um einen größeren Spielraum für die Bekämpfung des spekulativen Kapitals zu haben, kündigte Notenbanksprecher Gábor Missura gegenüber der ungarischen Nachrichtenagentur MTI an. Die Nationalbank will dann länger als bisher für Geschäfte zur Verfügung stehen.

Zugleich soll die Annahmeordnung für Angebote bei Depottendern ebenso wie bei den Schnelltendern umgestaltet werden. Missura zufolge habe das gegenwärtige System vor allem die ausländischen Geldinstitute begünstigt, die große Mengen heißen Geldes nach Ungarn gebracht hätten und die ungarischen Banken bei den Depottendern verdrängten. "Mit der Änderung der Konditionen wollen wir den ungarischen Banken normale Bedingungen sichern", so der Sprecher. (fp)