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Heftiger Widerstand im Westjordanland

23. August 2005

Israelische Räumungstruppen sind auf heftigen Widerstand in zwei Siedlungen im Westjordanland gestoßen. Dessen ungeachtet lösten die Räumungen Hoffnungen auf eine Wiederbelebung des Friedensprozesses aus.

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Sicherheitskräfte tragen einen Jungen wegBild: AP
Evakuierungs-Beginn in der Siedlung Sanur
Ein Polizist hebt nach Beginn der Räumung in der Siedlung Sanur eine Wiege durch ein FensterBild: dpa - Report

Ultranationalistische Israelis bewarfen die Sicherheitskräfte unter anderem mit kochendem Öl und Ketchup, als sie am Dienstag (23.8.2005) verbarrikadierte Synagogen und eine alte Zitadelle stürmten. Die Abzugsgegner hatten angekündigt, sich im Westjordanland aggressiver gegen die Zwangsräumung zu wehren als in den 21 Siedlungen im Gaza-Streifen. Auch die Polizeikräfte waren stärker gerüstet und rückten mit Planierraupen, Wasserwerfern und Schlagstöcken an. Sie hatten mit erbittertem Widerstand von 2000 radikalen Abzugsgegnern gerechnet.

Sturm der Zitadelle

Die Sicherheitskräfte begannen noch am Vormittag mit dem Sturm der Zitadelle in der Siedlung Sanur, in der sich die Abzugsgegner mit Vorräten für mehrere Tage ausgestattet verschanzt hatten. Den Zugang zu zwei ebenfalls verbarrikadierten Synagogen bahnten sie sich mit Kettensägen. In Homesch verschanzten sich die Abzugsgegner in mehreren Bungalows, die in einem schwer zugänglichen Hain aus Nadel- und Johannisbrotbäumen lagen. "Wir werden es diesen Rottweilern diesmal so schwer wie nur möglich machen, uns hier herauszukriegen", sagte ein 17-jähriger Siedler, der nach der Räumung seiner Heimat-Enklave im Gaza-Streifen nach Homesch geflüchtet war. Unter den Wurfgeschossen der Abzugsgegner überwanden Polizisten mit Leitern und Sägen den Stacheldraht, der dicht um eine Synagoge gelegt war.

Viele gingen friedlich

Gaza: Jüdische Siedler verlassen ihr Heim
In Gaza konnten die Siedlungen schneller als geplant geräumt werdenBild: AP

Wie im Gaza-Streifen ließ sich aber auch in den beiden Siedlungen im Westjordanland ein Großteil der eigentlichen Bewohner ohne viel Widerstand wegbringen, wenn auch unter Tränen und Schimpftiraden. "Es sind nur noch wenige Familien da", sagte ein Armeesprecher am späten Vormittag. "Wir haben es weniger mit Siedlern zu tun, die sich an ihre Häuser klammern, als mit einer großen Zahl von Leuten, die die Siedlung infiltriert haben und einen ideologischen Kampf führen."

Am Vormittag hatten israelische Sicherheitskräfte zunächst mehrere Brennpunkte des Protests unter Kontrolle gebracht. Nachdem die Truppen mit Bulldozern die Tore von Sanur und Homesch niedergerissen hatten, drangen sie in Häuser, Synagogen und Religionsschulen ein und trugen hunderte radikale Siedler zu Bussen.

Weitere Schritte

Insgesamt hat Israel im nördlichen Westjordanland die Räumung von vier Siedlungen angekündigt. Die Einwohner der Siedlungen Ganim und Kadim sind allerdings bereits freiwillig abgezogen, die Ortschaften stehen schon leer. Für die Zwangsräumung wurden 10.000 israelische Soldaten in Bereitschaft versetzt. Sanur und Homesch sind die beiden letzten Siedlungen, die Israel zum jetzigen Zeitpunkt in dem Palästinenser-Gebiet aufgeben will. Im Westjordanland befanden sich bislang 120 jüdische Siedlungen mit rund 230.000 Bewohnern.

Die zügige und weitgehend reibungslose Räumung des Gaza-Streifens löste Hoffnungen auf eine Wiederbelebung des Friedensprozesses aus. Israels Premierminister Ariel Sharon bekam indessen viel Lob für die Räumung des Gaza-Streifen, der am Vortag deutlich früher als geplant abgeschlossen worden war. Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas sprach von einem neuen Kapitel in den Beziehungen zwischen den Konfliktparteien. Auf seinen Vorschlag hin wird es in Kürze zu einem Gipfeltreffen mit Scharon kommen. US-Präsident George W. Bush sagte, ein Frieden im Heiligen Land sei nun in Reichweite. (kas/stu)