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Heftiger Schlag ins Kontor

14. Mai 2009

Bis 2013 fehlen insgesamt 316 Milliarden Euro an Steuereinnahmen, so die jüngste Steuerschätzung. Angesichts der desolaten Haushaltslage muten alle Forderungen nach Steuersenkung abenteuerlich an, meint Karl Zawadzky.

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Symbolbild Kommentar (Foto: DW)
Bild: DW

Mit einem Blick in den Abgrund ist die Frühjahrssitzung des Arbeitskreises Steuerschätzung in Bad Kreuznach zu Ende gegangen. Der Grund dafür ist die schwere Rezession, die größte Wirtschaftskrise seit 80 Jahren. Wenn nämlich die Wirtschaft nicht läuft, wenn die Bürger angesichts der ungewissen Zukunft ihr Geld sparen, statt es auszugeben, dann hat das bittere Konsequenzen für die Staatseinnahmen. Dabei halten die Steuerschätzer sich an die Vorlage der Bundesregierung, die mit ihrer Wirtschaftsprognose die Rahmenbedingungen für die Schätzung liefert. Im laufenden Jahr geht nach der regierungsamtlichen Annahme die Wirtschaftsleistung in Deutschland um sechs Prozent zurück; das bedeutet - gemessen an der letzten Schätzung vom November vorigen Jahres - 45 Milliarden Euro weniger an Steuereinnahmen in 2009 und insgesamt 316 Milliarden weniger bis Ende 2012.

Ein dicker roter Strich durch die schöne Planung

Karl Zawadzky, Leiter der Wirtschaftsredaktion der Deutschen Welle (Foto: DW)
Karl Zawadzky, Leiter der Wirtschaftsredaktion der Deutschen WelleBild: DW / Christel Becker-Rau

Für den Bund, die Länder und Gemeinden ist das ein heftiger Schlag ins Kontor. Dabei war Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bis zum Ausbruch der Krise mit der Haushaltssanierung auf einem guten Weg. Der Gleichstand von Einnahmen und Ausgaben im Bundeshaushalt war in greifbarer Nähe; einige Bundesländer hatten den Haushaltsausgleich bereits geschafft. Im nächsten Schritt sollte mit dem Abtragen des gigantischen Schuldenberges von rund 1500 Milliarden Euro, davon mehr als 900 Milliarden Euro beim Bund, begonnen werden. Doch die Rezession hat einen dicken roten Strich durch die schöne Planung gemacht. Der dramatische Verlust an Wirtschaftsleistung führt zu einem ebenso dramatischen Verlust bei den Steuereinnahmen.

Da die Ausgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden nicht im gleichen Maße gekürzt werden können wie die Einnahmen wegbrechen, und dies aus konjunkturellen Gründen auch unvernünftig wäre, bleibt nichts anderes übrig, als das Loch im Etat mit einer höheren Schuldenaufnahme zu stopfen. Doch damit ist es nicht getan. Denn das Loch im Bundeshaushalt ist deutlich größer als das Minus bei den Steuereinnahmen. Der Etat gerät nämlich von zwei Seiten in die Klemme: Auf der einen Seite nehmen die Finanzämter weniger ein, auf der anderen Seite stehen höhere Ausgaben durch die Maßnahmen zur Rettung der Banken und anderer Unternehmen sowie zur Stimulierung der Konjunktur. Hinzu kommen Defizite bei der Arbeitslosen- und Krankenversicherung, später auch bei der Rentenversicherung, die der Bund per Zuschuss oder Kredit ausgleichen muss.

Ein neuer Schuldenrekord als Konsequenz

Schuldenuhr Wiesbaden (Foto: Maskim Nelioubin)
Ein gigantischer Schuldenberg türmt sich aufBild: Maksim Nelioubin

Allein der Bund muss im laufenden Jahr für den Etatausgleich in Höhe von rund 80 Milliarden Euro Kredite aufnehmen. Das ist die doppelte Summe dessen, was bislang geplant war - und ein neuer Schuldenrekord. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bereitet bereits einen Nachtragshaushalt vor. Vor diesem Hintergrund mutet die Forderung von CDU, CSU und FDP nach Steuersenkungen in der nächsten Legislaturperiode geradezu abenteuerlich an. Es wird nämlich nach der Bundestagswahl keine Steuersenkungen geben, sondern es wird darum gehen, ob und wie Steuererhöhungen zu vermeiden sind. Wer mit Blick auf die Bundestagswahl etwas anderes verspricht, der belügt die Wähler oder versündigt sich, um nicht wortbrüchig zu werden an den nachfolgenden Generationen. Die müssen nämlich den Schuldenberg abtragen, der heute aufgetürmt wird. Hemmungslose Schuldenmacherei ist das genaue Gegenteil von nachhaltiger Finanzpolitik.

Autor: Karl Zawadzky

Redaktion: Zhang Danhong