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Heckler & Koch verklagt Bundesregierung

29. Oktober 2015

Politisch ist der Deal höchst brisant: Saudi-Arabien produziert das deutsche Sturmgewehr G36 in Lizenz. Doch jetzt beginnt auch ein juristisches Tauziehen um Ersatzteile. Es ist die erste Klage dieser Art.

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Sturmgewehr G36 (Archivbild: dpa)
Das Original, made in Germany: Sturmgewehr G36 (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/B. Weißbrod

Wegen der ausstehenden Zustimmung zu einem Rüstungsgeschäft mit Saudi-Arabien hat der Waffenhersteller Heckler & Koch die Bundesregierung verklagt. Das Unternehmen habe im August eine so genannte Untätigkeitsklage erhoben, sagte ein Sprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Er bestätigte damit einen Bericht von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR.

Hintergrund ist demnach, dass die Zulieferung von Bauteilen für die Lizenzproduktion von G36-Gewehren in Saudi-Arabien derzeit nicht genehmigt wird. Seit einigen Jahren stellen die Saudis dieses Sturmgewehr selbst in Lizenz her. Für die Produktion sind allerdings fünf Schlüsselkomponenten aus Deutschland notwendig, deren Ausfuhr die Bundesregierung erlauben muss.

Zweistelliger Millionenbetrag

Seit Mitte 2014 sei eine solche Genehmigung nicht mehr erteilt worden, berichten die Medien. Für den Fall, dass die Genehmigungsanträge abgelehnt werden sollten, wolle das Unternehmen Schadenersatz fordern. Dabei gehe es um einen zweistelligen Millionenbetrag.

Konkret richtet sich die Klage demnach gegen das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), das dem SPD-geführten Bundeswirtschaftsministerium nachgeordnet ist. Das Bafa habe dem Wirtschaftsministerium die Anträge vorgelegt. Dort sei dann aber auf politischer Ebene entschieden worden, die Zulieferungen zur Produktion der Sturmgewehre in Saudi-Arabien bis auf Weiteres auszusetzen.

Firmenzentrale von Heckler & Koch (Archivbild: dpa)
Zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb: Heckler & Koch in Oberndorf am NeckarBild: picture-alliance/dpa/Patrick Seeger

Restriktivere Waffenexporte

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte angekündigt, bei der Genehmigung von Waffenexporten restriktiver vorzugehen. Laut "SZ", WDR und NDR führte dies im Fall des Sturmgewehrs mittlerweile zu erheblichem Druck auf diplomatischer Ebene, da Saudi-Arabien die Lieferung der Komponenten verlange.

Heckler & Koch habe die Klage beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main eingereicht. Nach Paragraf 75 der Verwaltungsgerichtsordnung kann ein Unternehmen klagen, wenn über einen Antrag "ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden" wurde. Offenbar ist dies die erste Klage dieser Art gegen das Bafa.

"Drohenden Schaden von Deutschland abwenden"

Das Unternehmen mit Sitz in Oberndorf am Neckar begründete die Klage auf Anfrage der Medien damit, dass der Konzern "drohenden Schaden von unserem Unternehmen sowie der Bundesrepublik abwenden" wolle. Es bestehe die Gefahr, "dass unser Vertragspartner Klage gegen Heckler & Koch" oder die Bundesrepublik erhebe.

Im Klartext: Auch Saudi-Arabien könnte gegen Deutschland juristische Schritte einleiten. In Kreisen der Bundesregierung heißt es, die Beziehungen beider Länder seien "erheblich belastet". Dies ist allerdings gleich im doppelten Wortsinne eine bilaterale Angelegenheit. Denn Deutschland sieht die Saudis am Zug, was die Menschenrechtslage in dem Königreich angeht. So wurde etwa derBlogger Raif Badawi 2014 zu zehn Jahren Haft und tausend Stockhieben verurteilt, weil er sich regierungskritisch geäußert und den Islam beleidigt haben soll.

jj/mm (afp, sz)