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Haushaltsänderungen im ungarischen Parlament gebilligt

17. Juli 2002

– Opposition wirft Regierung Konzept- und Kopflosigkeit vor

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Budapest, 16.7.2002, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Andreas Gulya

Das Hunderttageprogramm der Regierung kann jetzt finanziert werden. Das Hindernis etwaiger leerer Kassen ist beseitigt, denn alle Änderungsvorschläge der Regierung zum Haushalt wurden mit einer deutlichen Mehrheit angenommen, bei 192 Ja-, drei Neinstimmen sowie 146 Enthaltungen. Vorschläge der Opposition wurden abgeschmettert.

Die Opposition kritisierte heftig die Änderungswünsche beim Haushalt, insbesondere warf sie der Regierung Konzept- und Kopflosigkeit in der Familienpolitik vor. Finanzminister Csaba László entgegnete, dass die Regierung zuerst das Hunderttageprogramm verwirklichen wolle, bevor weitere Reformschritte eingeleitet werden würden. Der Familienzuschuss wird um 20 Prozent angehoben, über dies hinaus wird den Familien ein dreizehnter Monatszuschuss gewährt.

Rentner bekommen eine einmalige Zulage von 19.000 Forint (ca. 77,2 Euro - MD). Hiermit will die Regierung ein Versäumnis der alten Regierung kompensieren, denn anstatt der vom Gesetz vorgeschriebenen Erhöhung von 18,4 Prozent bekamen die Pensionierten 1999 lediglich 14,2 Prozent. Die Bezüge der Angestellten im öffentlichen Dienst werden durchschnittlich um 50 Prozent angehoben. Nach Auffassung des Finanzministers ist es ein weiterer Meilenstein, dass ab dem 1. September der Minimallohn steuerfrei wird.

Über das besagte Programm hinaus will die Regierung weitere Wahlversprechen einlösen. Hierzu gehört die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Medien. Die Rundfunkgebühren werden zwar nicht abgeschafft, müssen aber ab Juli nicht mehr entrichtet werden. Der Staat wird die Kosten bis zum Jahresende übernehmen. Damit werden den öffentlich-rechtlichen Medien 7,2 Milliarden Forint (ca.28,3 Millionen Euro - MD) überwiesen.

László fügte aber hinzu, dass dies als Interimslösung anzusehen sei. Eine Lösung kann nur durch die Änderung des Mediengesetzes erreicht werden - dies bedarf allerdings einer Zweidrittelmehrheit und die ist nur schwer zu erreichen. Sehr hart wurde die Regierung von der Opposition kritisiert, dass sie ihr Wahlversprechen nicht einhalte, einen gläsernen Staatshaushalt zu schaffen. Nach Berechnungen des Finanzministeriums blieben vom Haushalt des Vorjahres noch 380 Milliarden Forint übrig (ca. 1,5 Milliarden Euro - MD). Die Opposition kritisierte, dass das Finanzministerium nicht offen legen will, bei welchen Ressorts welche Beträge vorhanden sind. Sie forderte die Regierung auf, nicht ohne die Zustimmung des Parlaments über diesen Betrag zu verfügen.

Der sozialistische Abgeordnete János Veres entgegnete hierauf, dass die Regierung höchstens über zehn Prozent des Betrags frei verfügen könne, der Rest sei längst verplant. Nach der Meinung des Abgeordneten sei es legitim, dass die Regierung ohne Zustimmung des Parlaments über den Betrag verfügen könne, denn auf diesem Weg könne man einen Nachtragshaushalt vermeiden.

András Tállai, Fidesz (Bund Junger Demokraten - MD)-Abgeordneter und ehemaliger Staatssekretär im Finanzministerium, meinte, die Rechnung, es seien lediglich 38 Milliarden (ca. 154,5 Millionen Euro - MD), würde nicht stimmen.

Ausländische Beobachter meinen, dass die Verwirklichung des Hunderttageprogramms weiteres Vertrauen in der Bevölkerung schaffe, denn die Erhöhung der Mittel für Familien, Rentner und Angestellte im öffentlichen Dienst werde bei den betroffenen breiten Schichten kaum auf Ablehnung stoßen. Ungarische Beobachter sehen die Lage etwas differenzierter. Manche geben der Opposition durchaus recht, dass es auf jeden Fall eleganter wäre, wenn die Regierung mehr Transparenz praktizierte. Sie könnte dadurch Klarheit schaffen, wie die Ministerien der abgewählten Regierung gewirtschaftet hätten. So blieben viel zu viele Unklarheiten, die beide Seiten mit politischer Munition versehen. (fp)