Hartes TV-Duell in der Ukraine
21. Dezember 2004Sechs Tage vor der Wiederholung der ukrainischen Stichwahl am 26. Dezember 2004 haben sich Ministerpräsident Viktor Janukowitsch und Oppositionsführer Viktor Juschtschenko einen direkten Schlagabtausch geliefert. In einem Fernsehduell präsentierten sich die beiden Bewerber für das Amt des Präsidenten in einem Fernsehduell ihren Wählern.
Harte Diskussion
Oppositionsführer Juschtschenko sagte am Montagabend (20.12.2004), der Grund für die Wiederholung der Wahl am kommenden Sonntag sei die Tatsache, dass ihm sein Gegner am 21. November die Wahl gestohlen habe. "Wir stehen hier, weil es bei der letzten Wahl eine massive Fälschung der Abstimmung gab", sagte Juschtschenko. "Und mein Gegner war dafür verantwortlich." Regierungskandidat Janukowitsch konterte auf Russisch: "Ihre Anschuldigungen gegen mich und meine Wähler geben uns kaum eine Chance, unsere Zukunft gemeinsam zu betrachten." Der beurlaubte Ministerpräsident stellte sich in der 100-minütigen Debatte als Anwalt der großen russisch-sprachigen Minderheit in der Ukraine dar.
Außerdem attackierte Juschtschenko den Ministerpräsidenten wegen dessen Wirtschaftspolitik. Janukowitsch entgegnete, er habe die Renten angehoben und werde dies wieder tun. Seinerseits warf er Juschtschenko vor, vom Ausland finanziert worden zu sein. Juschtschenko wies die Vorwürfe zurück.
Persönliche Angriffe
Das Aufeinandertreffen der Kontrahenten vor der Stichwahl am 26. Dezember wurde vom staatlichen Sender UT1TV ausgestrahlt und von fast allen anderen Programmen übernommen. Schon das Fernsehduell vor der ersten Stichwahl vom 21. November war von Kraftausdrücken, gegenseitigen schweren Beschuldigungen und persönlichen Angriffen geprägt gewesen. Janukowitsch war von der Wahlkommission nach der ersten Stichwahl zunächst offiziell zum Wahlsieger erklärt worden. Nach wochenlangen Protesten der Juschtschenko-Anhänger stellte das höchste Gericht der Ukraine allerdings Wahlbetrug fest und ordnete die Wiederholung an.
Gespaltene Nation
Die Wahl polarisiert die Bevölkerung: Der Osten und Süden orientiert sich an Russland und favorisiert Janukowitsch, hier dachten Politiker sogar laut über eine Abspaltung nach. Der Rest des Landes will sich dem Westen öffnen und ist für Juschtschenko.
Anhänger der Opposition sind zurzeit im Osten mit einem orangefarben drapierten Autokonvoi unterwegs. Die 150 Aktivisten trafen auf zahlreiche Straßensperren. Einige Städte wie Sewastopol umfuhren sie aus Furcht vor gewaltsamen Zusammenstößen, wie die Organisatoren mitteilten. In der Industriestadt Saporischija sei dagegen alles glatt gegangen, berichtete Sprecherin Olga Chodowanez am Montag. Ziel des Konvois ist Janukowitschs Heimatstadt Donezk. In der Hauptstadt Kiew zeigte sich am Montag ein Autokonvoi in blau und weiß, den Farben von Janukowitsch. (ch)