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Harter Kampf um verwohnten Bungalow

17. Februar 2005

Ein Film vom Streit der Kulturen: Ein iranischer Offizier hat ein Haus gekauft, das die Behörden einem amerikanischen Pärchen weggenommen hatten. "Das Haus aus Sand und Nebel" erzählt souverän von Träumen und Familie.

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Familiengeschichte und kultureller ClashBild: Kool

"Wir sind nicht wie diese Leute", lautet einer der markantesten Sätze in dem Film von Newcomer Vadim Perelman. Gesprochen wird er von dem iranischen Emigranten Behrani (Ben Kingsley), und er richtet sich gegen die Amerikanerin Kathy (Jennifer Connelly) und ihren Geliebten. Aber natürlich spricht der Familienvater Behrani mit seiner herablassenden Einschätzung auch von der amerikanischen Bevölkerung insgesamt, wenn nicht sogar von allen Angehörigen des abendländischen Kulturkreises.

Ein Haus - Träume zweier Seiten

Filmszene Haus aus Sand und Nebel
Filmszene: Jennifer am TischBild: Kool

An der Oberfläche des Films (Kinostart in Deutschland: 17.2.2005) geht es um die Zuspitzung eines Konflikts zwischen einer muslimischen Familie und einem amerikanischen Pärchen. Ihr Streit dreht sich um ein kleines Stück Land und um das Haus, das darauf steht.

Die junge Kathy hatte es von ihrem Vater geerbt, wurde aber von den Behörden wegen angeblicher Steuerschulden enteignet. Es ist nur ein abgewohnter Bungalow nahe dem Meer in Kalifornien. Der Wasserhahn tropft, die Farbe blättert. Als "Haus aus Sand und Nebel" wird dieser Bungalow aber für zwei entwurzelte Menschen zum umkämpften Inbegriff ihres Traumes von Heimat.

Polizist gegen Offizier

Behrani, ein intelligenter, selbstbewusster iranischer Ex-Offizier, ersteigert das Haus, um es gewinnbringend weiterzuverkaufen - mit dem Geld will seine Familie ihren amerikanischen Traum leben. Und er ist nicht bereit, seinen rechtmäßigen Kauf rückgängig zu machen.

Da ein Prozess sich über Monate hinziehen würde, versucht Kathy, die Behranis mit Hilfe ihres neuen Geliebten, des verheirateten, leicht naiven Polizisten Lester, unter Druck zu setzen.

Wer ist gut, wer böse?

Filmszene Haus aus Sand und Nebel
Filmszene: Ben KingsleyBild: Kool

Eine große Stärke des Films liegt in seiner Souveränität, in der zentralen Auseinandersetzung keine Sympathien oder Antipathien zuzuweisen. Ohne dass einer von beiden Recht oder Unrecht hätte, ergeben Worte, Taten, Wünsche und Begleitumstände eine Tragödie von erschütterndem Ausmaß. "Die Dinge sind nicht so, wie sie aussehen", sagt Behrani in einer Szene.

Perelman, selbst ein russischer Immigrant, verfügt über genügend Neutralität, um die Haltungen beider Seiten mit der angemessenen Distanz, nicht aber ohne tiefes Mitgefühl zu beschreiben. Je besser man die Charaktere kennen lernt, desto mehr wandelt sich der Film zu einer Reflexion über die Institution Familie.

Ein Meisterfilm

Mindestens auf dieser Ebene ist "Das Haus aus Sand und Nebel" ein kleines Meisterwerk. Perelman kontrastiert die enge familiäre Bindung der traditionsbewussten Behranis (Ben

Kingsleys beste schauspielerische Leistung seit seiner Oscar-Titelrolle in "Gandhi") mit dem zerrütteten Familienleben des Cops Lester und der Ex-Alkoholikerin Kathy. Es ist eine Paraderolle für Jennifer Connelly: Sie legt in ihr Spiel genau die richtige Mischung aus Fahrigkeit, Selbstüberschätzung, Zerbrechlichkeit und Cholerik.

Erst am Ende, wenn die Tragödie sich bereits unaufhaltsam nähert, werden Kathy und Behrani auf die elementaren Bedeutungen von "Familie" zurückgeworfen: Nähe und Geborgenheit, Verständigung und Verständnis.

Tragödie mit Nachhall

Bei den meisten Regisseuren würde der Film in diesem Moment an Pathos und Sentimentalität zugrunde gehen. Bei Perelman aber wird daraus trotz aller Tragik ein wohltuender Humanismus. Vor allem die Nachvollziehbarkeit eines fast alltäglich wirkenden Albtraums ist es, die den Film zu einem

lange nachhallenden Erlebnis macht. (reh)

House of Sand and Fog (USA 2003), Regie: Vadim Perelman, Buch: Vadim Perelman, Shawn L. Otto (nach dem Roman von Andre Dubus III). 126 Minuten, FSK: 12