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Harsche Kritik an deutscher Energiepolitik

4. Februar 2012

Bei Wirtschaft und Opposition wachsen aus unterschiedlichen Motiven die Zweifel an der geplanten Energiewende: Während die Industrie vor einem massiven Job-Verlust warnt, geht der SPD der Wandel nicht schnell genug.

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Windräder des Offshore-Windparks "EnBW Baltic 1" in der Ostsee (Foto: dpa)
Windpark auf der Ostsee: "Versorgungssicherheit und Stabilität"Bild: picture alliance/dpa

Die schwarz-gelbe Energiepolitik in Deutschland ist nach Ansicht der Industrie auf einem gefährlichen Weg. Das produzierende Gewerbe zahle schon jetzt "mit die höchsten Strompreise in Europa", klagt der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Peter Keitel. Das mindere die internationale Wettbewerbsfähigkeit und werde zu einem drastischen Verlust an Arbeitsplätzen führen. In einem Gespräch mit dem Magazin "Focus" forderte Keitel die Bundesregierung auf, diese Sorgen endlich ernst zu nehmen.

"Preisunterschiede kosten Existenzen"

Der BDI-Präsident führte als Beispiel die Edelstahlproduktion an: So zahle der ThyssenKrupp-Konzern für die Megawattstunde Strom an seinem deutschen Standort Krefeld rund 80 Euro, am Standort Italien nur 60 Euro und in den USA sogar nur 40 Euro. Die enormen Kostenunterschiede führten dazu, dass in Deutschland Arbeitsplätze verschwänden. Deshalb sei es "fahrlässig zu behaupten, dass die Energiewende allenfalls ein paar alten Industrien die Existenz kosten werde", sagte Keitel.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sieht das Versagen der Bundesregierung an ganz anderer Stelle: "Nichts von dem, was Deutschland braucht, um den Atomausstieg hinzubekommen, wird umgesetzt", sagte er der Zeitung "Kölner Stadt-Anzeiger". Die Energiewende fahre gerade "mit Hochgeschwindigkeit vor die Wand". Deutschland habe keine Planung für Stromspeicher, der Netzausbau gehe nicht voran und auch für die Energieeffizienz werde nichts getan. "Energiepolitisch ist die Merkel-Regierung eine Tu-Nix-Koalition", sagte Gabriel. Sechs Ministerien arbeiteten in der Bundesregierung gegeneinander: " Vor allem bräuchten wir mal jemanden, der den Hut auf hat dabei", sagte der SPD-Chef.

Der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel (Foto: dapd)
SPD-Chef Gabriel: "Sechs Ministerien arbeiten gegeneinander"Bild: dapd

"Wind und Solar zahlen sich aus"

Bundesumweltminister Norbert Röttgen nannte diese Kritik "unseriös". Die Bundesregierung arbeite noch immer Probleme und Defizite ab, "die in der Amtszeit von Sigmar Gabriel als Bundesumweltminister entstanden sind", sagte der CDU-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. Gabriel habe als Bundesumweltminister eine extreme Überförderung in der Photovoltaik-Vergütung zulasten der Verbraucher zu verantworten gehabt. Diese belaste auch nachwirkend die Stromverbraucher. Dagegen werde die schwarz-gelbe Koalition seit ihrem Antreten bis zur Mitte des Jahres die Vergütungssätze um über 50 Prozent reduziert haben, bei gleichzeitig dynamischem Ausbau der Photovoltaik.

Zuvor hatte Röttgen in einem Interview mit dem "Tagesspiegel am Sonntag" die Verlässlichkeit der deutschen Stromversorgung gelobt. Sie sei auch unter härtesten Bedingungen nicht durch die Energiewende gefährdet: "Gerade in diesen extrem kalten Tagen zeigt sich, dass die erneuerbaren Energien Versorgungssicherheit und Stabilität schaffen", sagte der Umweltminister. Der Ausbau von Wind und Solar zahle sich aus.

rb/gmf (afp, dapd, dpa, epd)