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Harren in Hoffnung

Peter Philipp16. November 2002

Von einem Irak-Krieg wären die arabischen Staaten besonders betroffen. Daher warnen alle vor einer neuen Militäraktion am Golf und hoffen darauf, dass die Vereinten Nationen einen Krieg verhindern.

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Amre Moussa, Generalsekretär der Arabischen Liga, warnt vor KriegBild: AP

Syrien und der Irak waren in den letzten Jahrzehnten alles andere als Freunde. Einer der Gründe sind sicherlich anhaltende Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Flügeln der in Damaskus und in Bagdad herrschenden Baath-Partei. Erst in den letzten Jahren näherten sich beide Länder vorsichtig einander an. Unter anderem, weil Syrien zur Durchgangsstation für geschmuggeltes irakisches Erdöl wurde. Diese Freundschaft könnte nun wieder zu Ende gehen, denn Syrien hat als einziges arabisches Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen für die anti-irakische Resolution gestimmt. Und das, obwohl man weder in der syrischen Führung noch in den Straßen von Damaskus einen amerikanischen Angriff auf den Irak für richtig hält. Mit dieser Haltung steht Syrien nicht alleine da.

Keine Kriegsoption

Es gibt keinen arabischen Staat, dessen Führung nicht vor einem solchen Krieg warnt. Nicht nur der ägyptische Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Moussa, befürchtet, dass ein neuer Golfkrieg in der Region einen Flächenbrand entfachen könnte. Und dennoch: Beim Treffen der Arabischen Liga in Kairo beschlossen diese Staaten, den Irak einstimmig zur Annahme der UN-Resolution aufzurufen.

Nachdem der Irak zugestimmt hat, zeigt Moussa sich zufrieden: "Ich möchte die arabische Haltung unterstreichen", kommentierte er die Reaktion des Irak. Die irakische Entscheidung, die Resolution 1441 des UN-Sicherheitsrates anzuerkennen, sei ein positiver und wichtiger Schritt, der es heute rechtfertigen würde, nicht mehr von "Krieg und Kriegsoption" zu sprechen.

Konfrontation vermeiden

Was sich da innerhalb kürzester Zeit entwickelt hat, ist alles andere als eine neue große Koalition, die Bush-Senior bei der Befreiung Kuwaits auch in der Arabischen Welt hatte zusammen bringen können. Von Staaten wie Kuwait und Bahrain abgesehen, stehen die meisten Mitglieder der Arabischen Liga einem Krieg eher ablehnend gegenüber und hatten bereits seit Jahren für ein Ende der Sanktionen gegen den Irak plädiert. Ihre Kritik: Die USA träten nur gegenüber dem Irak so resolut auf, nicht aber beispielsweise gegenüber Israel.

Dennoch: Die offene Ablehnung eines Irak-Angriffs durch die USA hätte den meisten dieser Staaten eine Konfrontation mit der Supermacht beschert, die sich keiner von ihnen erlauben kann. Selbst Saudi-Arabien, das sich bisher strikt weigert, den Amerikanern als Ausgangsbasis eines Angriffs auf den Irak zu dienen, will es sich nicht mit Washington verderben. Die Beziehungen mit den USA sind weiterhin von großer Bedeutung – wegen des Erdölhandels und wegen der auf US-Konten deponierten Milliarden.

Washington muss Farbe bekennen

Die Arabische Welt verharrt also in ablehnendem Zögern und hofft darauf, dass die Vereinten Nationen einen Krieg noch verhindern. So auch der Iran: Besonders die Konservativen im Lande müssen befürchten, dass sie im Fall eines amerikanischen Sieges von amerikanisch kontrollierten oder orientierten Ländern umringt sind.

Für die israelische Regierung schließlich ist genau das eine vielversprechende Vision. Je größer der Einfluss der USA in der Region ist, desto stärker die eigene Position, so hofft man. Das könnte sich als Trugschluss erweisen: Washington wird früher oder später zeigen müssen, dass es sich nicht nur für eine grundlegende Veränderung am Euphrat einzusetzen bereit ist, sondern auch zwischen Jordan und dem Mittelmeer.