1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Hallo Osama!"

Udo Bauer21. März 2002

Sechs Monate nach dem 11. September haben viele neue Slang-Begriffe Einzug in die amerikanische Jugendkultur gehalten - eine Gratwanderung zwischen Humoroffensive und Diskriminierung, meint DW-TV-Korrespondent Udo Bauer.

https://p.dw.com/p/21GS

Es ist schon ein paar Monate her, als der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudolph Guiliani das Humor-Startsignal gab, frei nach dem Motto "Es darf wieder gelacht werden im Land!" Er tat das mit seinem Auftritt bei der populären Comedy-Sendung "Saturday Night Live".

Ausgeschlossen aber ist es nach wie vor, Witze oder auch nur humoreske Andeutungen über die Ereignisse vom 11. September 2001 zu machen. Das sind die Selbst-Beschränkungen von politisch korrekten Erwachsenen. Die amerikanische Jugend hingegen hat längst einen andere Art entwickelt, mit den Schreckensereignissen umzugehen.

"Hier sieht's ja aus wie Ground Zero!"heißt es da in der Teenagersprache, wenn ein Raum schmutzig ist. Über einen ungeliebten Lehrer sagt man schon einmal: "Was für ein Terrorist!" Von einem Lehrer gemaßregelt hört man Schüler sagen: "Das war der totale Jihad!" Unmoderne Klamotten von Klassenkameraden werden gerne "Burka" genannt und ein hübscher Junge ist jetzt "süss wie ein Feuerwehrmann".

Der "Washington Post" waren diese Zitate aus zwei oder drei US-High Schools in dieser Woche ein Artikel auf Seite eins wert. Zugrunde lag die Frage: Warum erlaubt sich die Jugend, was wir uns nicht trauen? Die jungen Leute haben einen innovativeren und spielerischeren Umgang mit dem 11. September, so belehrt uns der Autor über den sogenannten Terror-Witz.

Ein bisschen unsensibel

Die Kehrseite der jüngsten Humoroffensive: Schimpfwörter, auch so eine linguistische Nische, die die Jugend gerne füllt. Dazu zählen: "Terrorist", "Fundamentalist", "Taliban" oder einfach "Osama". An und für sich nichts Schlimmes, sollte man meinen, wären diese Schimpfwörter nicht meistens gegen arabische oder muslimische Mitschüler gerichtet. "Das ist zwar ein bisschen unsensibel", wird da ein 17-jähriger moslemischer Schüler zitiert, "aber ist das nicht die Natur jedes Witzes?" Was soll der Junge auch anders sagen, er will ja seinen Mitschülern nicht als humorlos oder uncool erscheinen.

Tatsache ist aber, dass hier in den USA die Jugendkultur - so innovativ sie auch sein mag - zu einem weit verbreiteten Problem beiträgt: der unterschwelligen Diskriminierung von im Lande lebenden Muslimen oder Amerikanern moslemischen Glaubens.

Unbeliebt und suspekt

Gleich nach den Anschlägen auf New York und Washington nahmen die Behörden landesweit mehrere Hundert Moslems fest und behielten sie monatelang in Haft aus den fadenscheinigsten Gründen, meistens waren es abgelaufene Visa.

Araber wurden und werden daran gehindert Flugzeuge zu besteigen, nur weil manchen Flugkapitänen deren Nasen nicht passen. Keinen regt das sonderlich auf. Generell sind die Araber in Amerika jetzt, was die Schwarzen bislang waren, unbeliebt und stets suspekt.

Umgekehrt ist es einer Umfrage zufolge zwei Dritteln der Amerikaner aber auch egal, was die Araber und Moslems in der Welt von ihnen denken. Also geht man in die Offensive - im Ausland mit dem Militär und an der Heimatfront mit Humor.