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H(a)i Fisch! - Der Mythos vom Einzelkämpfer Hai

Valentin Betz30. Oktober 2014

Haie sind Einzelgänger. Im Kampf ums Überleben sind sie nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Gesteuert werden sie von ihrem Instinkt. Englische Forscher haben herausgefunden: Alles falsch!

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Auswilderung von Katzenhaien
Charaktertier: Katzenhaie haben individuelle PersönlichkeitenBild: picture-alliance/dpa/Carmen Jaspersen

Flach liegt der langgestreckte, schmale Körper auf den Steinen. Kleine Punkte zieren den ansonsten bräunlichen Katzenhai. Seine unscheinbare Rückenflosse ist abgerundet, seine katzenartigen Augen starren ins Leere. Zu seiner Linken und Rechten schweben zwei weitere junge Katzenhaie über dem Beckenboden. Eine Forschergruppe der Marine Biological Association of the UK und der University of Exeter untersuchten in großen Aquarien Persönlichkeit und Sozialverhalten der Tiere. Die Studie soll beweisen, dass individuelle Charaktereigenschaften für das Verhalten von Haien verantwortlich sind.

Beobachtung im Labor

Dabei entdeckten sie, dass es auch unter Katzenhaien Einzelgänger und gesellige Tiere gibt. Welches Sozialverhalten die Tiere an den Tag legen hänge von ihrer ganz individuellen Persönlichkeit ab, sagen die Forscher.

So bilden gesellige Tiere bevorzugt Gruppen. Das Motto der geselligen Katzenhaie lautet offenbar "gemeinsam sind wir stark". In der Gruppe ist jeder Einzelne vor Feinden geschützt.

Einzelgänger setzen dagegen auf Heimlichkeit: weniger Haie, weniger Aufsehen. Anstatt die Konfrontation zu suchen, verstecken sie sich.

Die Wissenschaftler betrachten ihre Beobachtungen als ersten Beweis für das Vorhandensein von Persönlichkeit bei Haien. "Diese Verhaltensweisen kannte man bislang von Haien nicht", bestätigt Jens Krause vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin.

Zitronenhai in Florida +++NUTZUNGSEINSCHRÄNKUNG BACHTEN+++
Forscher vermessen einen jungen Zitronenhai.Bild: Christopher Lang

"Über Haie weiß man unwahrscheinlich wenig."

Er erforscht mit seinen Kollegen ungefähr 7000 Kilometer Luftlinie westlich von England mit Tauchanzug und Atemregler Zitronenhaie im offenen Meer. Die gelblich gefärbten Tiere leben rund um die Bimini Inseln vor der Küste Floridas und werden fast vier Meter groß. "Wir erforschen, ob die Zitronenhaie Verhaltenstypen oder Persönlichkeitsstrukturen haben, wie wir sie auch von anderen Tieren kennen", erklärt Krause. "Vor allem Jungtiere bilden bereits Schwärme zum Schutz gegen Räuber."

Die Zitronenhaie eigneten sich besonders gut zum Studium, weil sie die ersten beiden Lebensjahre rund um die Bimini Inseln im seichten Gewässer verbringen. Trotz der Ergebnisse aus England warnt Jens Krause vor Pauschalisierung: "Wir haben uns Haiarten ausgesucht, bei denen eine ganze Menge Sozialverhalten beobachtet wurde." Noch wisse man nicht, ob die Beobachtungen auch auf andere Arten übertragbar sind.

Den Forschern des Leibniz-Instituts sollen dabei ihre Untersuchungen an Knochenfischen wie Barschen und Hechten in Süßgewässern helfen. Über deren soziale Struktur und ihr Verhalten ist inzwischen sehr viel bekannt. Was davon auf Haie übertragbar ist, müsse man Schritt für Schritt herausfinden.

Zitronenhai in Florida +++NUTZUNGSEINSCHRÄNKUNG BACHTEN+++
Lächeln für die Kamera: die Haut von Zitronenhaien schimmert gelblich.Bild: Christopher Lang

Bedrohter Herrscher der Meere

Die Forschungsergebnisse aus England machen klar, dass Haie nicht nur von Instinkt gesteuerte Automaten sind. Leider hat genau dieser falsche Eindruck zum schlechten Ruf der Art beigetragen. Durch Jagd, Beifang und Zerstörung des Lebensraums ist von den etwa 460 bekannten Arten rund ein Drittel stark gefährdet. Ohne Haie stünde das Ökosystem Meer jedoch vor dem Kollaps. Als Spitze der Nahrungskette regulieren sie die Populationsgröße anderer Arten und tragen durch Auslese kranker Tiere zur Gesundheit des Ökosystems bei.