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Höhen und Tiefen in zwei Welten

18. Februar 2002

Für Milos Forman kam vieles im Leben doppelt. Zwei Mal wurde der tschechisch-amerikanische Regisseur Vater von Zwillingen. Zwei seiner Filme wurden mit Oscars geradezu überhäuft.

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Milos Forman wird 70Bild: AP

Milos Forman hat in zwei ganz unterschiedlichen Welten Erfolge und Niederlagen erlebt. Mit seinen preisgekrönten Werken hat er weltweit Wellen geschlagen. "Einer flog über das Kuckucksnest", 1976 mit fünf Oscars ausgezeichnet, löste eine Debatte über den Umgang mit psychisch kranken Menschen aus. "Amadeus" schürte 1984 das Mozart-Fieber. Der Film zeigte das Musik-Genie in einem neuen, nicht nur freundlichen Licht und gewann acht Academy Awards.

Doch der Wahl-Amerikaner sorgte auch dafür, dass die Liste der Hollywood-Flops ein wenig länger wurde. Für sein Zeiten-Panorama der Jahrhundertwende "Ragtime" (1981) nach dem gleichnamigen Roman von E.L. Doctorow konnte er zwar Altstar James Cagney noch einmal vor die Kamera locken, aber der Film kam beim Publikum nicht an und wurde ein
kommerzielles Desaster.

Auch "Valmont" (1989), eine Adaption des Romans "Gefährliche Liebschaften" von Choderlos de Laclos, erwies
sich als Flop. Etwa zur selben Zeit hatte der britische Regisseur Stephen Frears mit der Verfilmung desselben Stoffes großen Erfolg.

Ein Kind seiner Zeit

Forman nahm solche Niederlagen mit Gelassenheit hin. Der Sohn eines jüdischen Lehrers aus Mittelböhmen hatte im Leben schon unvergleichbar Schlimmeres erfahren.

Seine Mutter kam 1943 im Konzentrationslager Auschwitz um, sein Vater ein Jahr später in Buchenwald.

1968, das Jahr des Prager Frühlings, brachte für Forman die Enttäuschung aller Hoffnungen auf einen liberalen und demokratischen Sozialismus in seinem Heimatland. Als russische Panzer über den Wenzelsplatz in Prag rollten, hielt sich der Regisseur in Paris auf. Es gelang ihm zwar, seine Frau, die Sängerin Vera Sedlakova, und die Zwillingssöhne Petr und Matej nachkommen zu lassen. Doch die Ehe, Formans zweite, zerbrach schon bald.

Der Weg nach Hollywood

Mit seiner ersten Frau, der Schauspielerin Jana Brejchova, hatte Forman nach der Scheidung unter anderem die ironische Komödie "Die Liebe einer Blondine" (1965) besetzt. Damit und noch mehr mit der Satire auf das Kleinbürgerleben "Der Feuerwehrball" (1967) hatte er international Aufmerksamkeit erregt, auch bei den Talentespähern in
Hollywood.

Dort setzte Forman allerdings sein erstes Projekt in den Sand. Der Witz seiner Komödie über Konflikte zwischen den
Generationen "Taking Off" (1971) entsprach nicht dem amerikanischen Humor, fand aber auch in Europa kaum Zuspruch.

Doch 1975 führte der Absolvent der renommierten Prager
Filmakademie (FAMU) mit "Einer flog über das Kuckucksnest" seine großartige Fähigkeit vor, Schauspieler zur scheinbar mühelosen und völlig selbstlosen Hergabe ihres ganzen Könnens zu führen. Jack Nicholson als eigentlich recht normaler Draufgänger, den die Psychiatrie zum Wrack macht, und Louise Fletcher als nur scheinbar normale Stations-Chefin wurden mit Oscars geehrt.

Der Amerika-Kritiker

Eine Oscar-Nominierung gab es 1996 für "Larry Flint - die nackte Wahrheit". Forman, mit gesellschaftlichen Heucheleien aus seinem sozialistischen Vorleben bestens vertraut, hielt der Prüderie der "Greatest Nation of the World" den Spiegel vor.

Wie sehr er längst zum verständnisvollen Kenner und Kritiker Amerikas geworden war, zeigte der Exil-Tscheche auch 1999 mit der verschmitzten Komödie "Der Mondmann" über den umstrittenen US-Komödianten Andy Kaufman mit dem
Kanadier Jim Carrey in der Hauptrolle.

Dass Forman sich zwar immer noch seiner tschechischen Wurzeln bewusst, aber längst auch mental in Amerika beheimatet ist, zeigte er mit der Namensgebung für seine zweiten Zwillinge. Die Jungen, die ihm 1998 seine dritte Ehefrau, Martina Zborilova, gebar, nannte er Andrew und James - nach Andy Kaufman und Jim Carrey. (dpa/kas)