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Peter Hartz bleibt frei

17. Januar 2007

Der ehemalige VW-Personalvorstand Peter Hartz hat in der Gerichtsverhandlung um die Bestechung von Betriebsräten sein Geständnis wiederholt. Eine milde Strafe deutet sich an.

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Perter Hartz, nachdenklich
Kommt scheinbar ohne Gefängnisstrafe davon: Peter Hartz (65)Bild: AP

Peter Hartz muss wohl nicht ins Gefängnis. Das Landgericht Braunschweig legte am Mittwoch (17.1.2007) ein Höchststrafmaß fest: nicht mehr als zwei Jahre auf Bewährung und eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen, sofern der ehemalige VW-Personalvorstand gestehe. Er gestand über seinen Anwalt Egon Müller: “Mein Mandant räumt die sachverhaltlichen Themen im verlesenen Anklagesatz ein“. Hartz habe den früheren Betriebsratschef Klaus Volkert begünstigt. Er sei “Initiator“ von Missbrauch gewesen. Auf Grund der wichtigen Rolle Volkerts habe er angeordnet, diesen “großzügig“ zu behandeln. Heute bedaure er sein Fehlverhalten. Er übernehme dafür die strafrechtliche Verantwortung. Bereits in der Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft hatte Hartz gestanden.

Schaden gegen weiße Weste

Ein Koffer mit VW-Logo, Geldscheine quillen heraus
Wer sonst noch Geld nahm oder gab, ist offenBild: BilderBox/DW

Um den VW-Betriebsrat wohl zu stimmen, hat Hartz wohl dessen mächtigem Chef von 1994 bis 2005 insgesamt fast zwei Millionen Euro an Sonderbonuszahlungen zugeschanzt, Volkerts brasilianische Geliebte bekam 400.000 Euro. Außerdem muss sich der 65-Jährige auch für 218.000 Euro verantworten, die unkontrolliert von Volkert und anderen als Spesen ausgegeben worden sein sollen - z.B. für Vergnügungsreisen und Bodellbesuche. Gegen Hartz spreche laut Richterin der Schaden, der Volkswagen entstanden sei - insgesamt 2,6 Millionen Euro. Zu seinen Gunsten spreche, dass Hartz nicht vorbestraft sei, sich nicht selbst bereichert habe und “subjektiv“ im Interesse des Autoherstellers habe handeln wollen. In einer Verhandlungspause einigten sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung und die Wirtschaftsstrafkammer auf das Höchststrafmaß für den geständigen 65-Jährigen. Gemäß den Gesetzen kann besonders Schwere Untreue mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden.

Hartz’ Anwalt begründete das Verhalten seines Mandanten als Arbeitsdirektor mit dem bei VW geltenden besonderen System der Mitbestimmung. Der Betriebsrat sei “Co-Partner“ des Vorstands bei unternehmerischen Entscheidungen gewesen und habe finanziell entsprechend “ausgestattet“ werden müssen. Das bei VW gelebte Mitbestimmungssystem habe aber auch Fallstricke gehabt: “Da herrschte eine Vertrauensseligkeit die - wie wir heute feststellen müssen - auch Nachteile hatte.“ So hätten die nötigen Kontrollen gefehlt. Ausgelöst worden seien die Bonuszahlungen an Volkert “durch die fordernde Haltung dieses Herrn selbst“, betonte Müller.

“Arbeiterverräter!“

Klaus Volkert
Größter Nutznießer der Korruption: Klaus VolkertBild: AP

Da ein Geständnis des ehemaligen Spitzen-Managers zu erwarten war, sind nur zwei Verhandlungstage angesetzt. Zeugen sind nicht geladen. Die Verständigung auf ein Höchststrafmaß gilt, sofern im Laufe der Verhandlung keine weiteren Umstände bekannt werden, die für eine schwerere Strafe sprechen. Der Prozess gegen Hartz ist der erste von mehreren um Schmiergelder, Vergnügungsreisen und Sexpartys auf Kosten von VW. Gegen Klaus Volkert und elf weitere Beschuldigte wird noch ermittelt. Angeklagt ist außer Peter Hartz bisher nur der Bundestagsabgeordnete und frühere VW-Betriebsrat Hans-Jürgen Uhl. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Beihilfe zur Untreue und falsche eidesstattliche Versicherungen vor. Der frühere VW-Chef und jetzige Vorsitzende des Aufsichtsrats Ferdinand Piëch hat jede Verwicklung in die Affäre bestritten.

Vor dem Gerichtsgebäude wurde Hartz von zwei Dutzend Demonstranten empfangen. Der Skandal um Schmiergelder, Lustreisen und Sexpartys auf Firmenkosten war ihnen allerdings ziemlich egal. Sie verbinden “Hartz“ vor allem mit den nach dem Ex-VW-Mann benannten Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Schröder-Regierung. “Gegen Arbeitszwang und Lohndumping - weg mit den Ein-Euro-Jobs“, stand auf einem Transparent, “Menschenschinder“ auf einem anderem. Die Demonstranten beschimpften Hartz auf seinem Weg in den Verhandlungssaal als “Arbeiterverräter“ und “Lump“. Journalistenfragen beantwortete Hartz nicht. (ask)