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Gülens Afrika-Netzwerk unter Druck

Philipp Sandner2. August 2016

Die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen ist auch in Afrika aktiv. Doch seit dem Putschversuch in der Türkei will Präsident Erdogan auch dort keine Gülen-Schulen mehr dulden.

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Yavuz Selim Schule in Dakar
Bild: DW/M. Lamine Ba

Ausgelassen tollen die Kinder über das Schulgelände. Ein paar finden sich zu einer Gruppe zusammen und sprechen im Chor einstudierte Verse: "I for ice cream, J for job…" Lebensfreude und eine Vision für die Zukunft: So präsentiert sich die Nigeria Turkish International School in Nigerias Hauptstadt Abuja Besuchern gerne.

Sie gehört zur Hizmet-Bewegung des türkischen islamischen Predigers Fethullah Gülen. 17 Schulen und eine Universität hat die Bewegung seit 1998 in verschiedenen Regionen Nigerias eröffnet. Dabei gehe es nicht nur darum, Sachkenntnisse zu vermitteln, sagt Hizmet-Vertreter Cemal Yigit. "Wenn wir Bildung verbreiten, können wir in Ländern, die von Konflikten belastet sind, zu einer friedlicheren Gesellschaft beitragen."

In mehr als 160 Ländern gibt es Schulen und Universitäten, die sich der Hizmet-Bewegung zurechnen. Nicht ohne Kritik: Manche Experten werfen der Gülen-Bewegung vor, damit eine islamisch-konservative Bildungselite aufbauen zu wollen.

In Nigeria aber genießen die Schulen einen guten Ruf. Der Beitrag der Bewegung zum nigerianischen Bildungssystem sei enorm, findet Mainasara Umar von der nigerianischen Kommission für Lehrerbildung. "Die Bewegung ist eine große Stütze für das Bildungssystem, das in Nigeria in einem sehr schlechten Zustand ist", sagt Umar. "Je mehr Einrichtungen dieser Art sie in Nigeria eröffnen, desto mehr Nigerianer bringen sie davon ab, ihren Bildungsweg in anderen Teilen der Welt zu verfolgen."

Nigeria Makoko schwimmende Schule in Lagos
Gute Schulbildung ist in Nigeria keine SelbstverständlichkeitBild: Reuters/A. Akinleye

Türkische Einmischung schwächt Gülen

Im Senegal ist die Hizmet-Bewegung ebenfalls vertreten. In fünf Regionen des Landes gibt es elf Schulen. Rund 2600 Kinder und Jugendliche lernen dort. Doch die Krise in der Türkei hat Fethullah Gülen auch international in Bedrängnis gebracht. In den Augen der türkischen Regierung ist Gülen verantwortlich für den Putschversuch vom 15. Juli. Was bedeutet das für seine Bildungseinrichtungen in Afrika? Mesut Gokcan Ates, Sprecher der Gülen-Schulen in Senegal, gibt sich optimistisch. Seit 2013 habe es immer wieder Konflikte zwischen der Hizmet-Bewegung und der türkischen Regierung gegeben. Dennoch habe die Türkei die senegalische Regierung nie ersucht, die Schulen zu schließen.

Was Ates sich nicht vorstellen kann, ist in anderen Ländern schon Realität. In Nigeria wandte sich der türkische Botschafter vergangene Woche an die Regierung. Er drängte darauf, die Schulen zu schließen. Als Grund nannte er ihre Verbindung zur Hizmet-Bewegung, die die Türkei als terroristische Bewegung einstuft. Er löste damit einen Sturm der Entrüstung aus. Wie Nigerias Präsident Buhari mit dem Anliegen des Botschafters umgehen wird, ist noch offen. Somalia indes handelte schnell. Wie die New York Times berichtete, schloss das Land schon Stunden nach dem Putschversuch Einrichtungen der Bewegung. In der Vergangenheit hatte Somalia stark von türkischer Entwicklungshilfe profitiert.

Türkei Aussenminister Mevlut Cavusoglu und Präsident Erdogan
Erst Anfang Juni eröffnete Präsident Erdogan eine neue Botschaft in Somalia.Bild: picture alliance/AP Photo/F.-A. Warsameh

Auch im ostafrikanischen Tansania fürchten sich Schulbetreiber nun vor einer türkischen Einmischung. Die Feza-Schulgruppe auf Sansibar distanzierte sich daher explizit von dem Putschversuch in der Türkei. "Unsere einzige Agenda ist Bildung. Wir haben nichts mit Politik zu tun", erklärte der stellvertretende Schulleiter Abdulrahman Saloum der Deutschen Welle. Die semiautonome, muslimisch geprägte Inselgruppe Sansibar pflegt gute Beziehungen zur Türkei. Doch nach dem 15. Juli hatte Ankara Hilfszahlungen ausgesetzt.

Fethullah Gulen
Übervater der Hizmet-Bewegung: Fethullah Gülen.Bild: picture-alliance/dpa/S. Sevi

Nutzlose Stipendien

Hinter dem Druck der türkischen Regierung steht die Idee, die Hizmet-Bewegung wolle auch ein politisches Netzwerk schaffen. Tatsächlich schickten auch die Schulen in Nigeria und im Senegal in der Vergangenheit Schüler mit Stipendien zum Studium in die Türkei. Aber: von jeglichen politischen Verflechtungen distanzieren sich die Schulleiter immer wieder. Im Moment nutzen die Stipendien manchen Studierenden ohnehin nichts. Die Senegalesin Yacine Ndiaye ist eine von ihnen. Ob sie ihr Studium in der Türkei fortsetzen kann, weiß sie nicht. Denn ihre Universität wurde geschlossen: "Wir wissen nicht mal, an welche Einrichtung sie uns verschieben wollen. Werden unsere Aufenthaltsgenehmigungen verlängert? Wir haben noch all unsere Sachen dort", klagt sie.

Mitarbeit: Mamadou Lamine Ba, Uwais Idris, Salma Said