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Guttenberg wehrt sich gegen Schummelvorwurf

17. Februar 2011

Die Glaubwürdigkeit von Deutschlands beliebtestem Politiker steht auf dem Spiel: Verteidigungsminister zu Guttenberg bestreitet, bei seiner Doktorarbeit betrogen zu haben. Parteifreunde wittern eine Kampagne.

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Karl-Theodor zu Guttenberg (Foto: dapd)
In Erklärungsnot: Minister Karl-Theodor zu GuttenbergBild: dapd

"Der Vorwurf, meine Doktorarbeit sei ein Plagiat, ist abstrus", erklärte Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Er sei aber bereit zu prüfen, "ob bei über 1200 Fußnoten und 475 Seiten vereinzelt Fußnoten nicht oder nicht korrekt gesetzt sein sollten". Bei einer Neuauflage würde er dies berücksichtigen.

"Ungehörig!"

Führende Politiker der konservativen Regierungspartei CSU, der Guttenberg angehört, mutmaßen, es gehe darum "einen erfolgreichen Politiker persönlich zu beschädigen." Es handele sich wohl um einen "Angriff aus der linken Szene", sagte der Chef der CSU-Parlamentarier im Bundestag, Hans-Peter Friedrich. Aus seinem Ministerium erhielt zu Guttenberg ebenfalls Rückendeckung. "Da steckt eine Kampagne dahinter", meinte Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt. Den Plagiatsvorwurf nannte er "ungehörig", Guttenbergs Doktorarbeit sei "sehr substanziell". Auch Guttenbergs Doktorvater nahm den Minister in Schutz. "Der Vorwurf ist absurd, die Arbeit ist kein Plagiat", betonte Professor Peter Häberle der "Bild"-Zeitung vom Donnerstag (17.02.2011).

Doch die Anschuldigung wiegt schwer: In Guttenbergs Dissertation gibt es gleich mehrere Passagen, die wortwörtlich mit Formulierungen anderer Autoren übereinstimmen, ohne dass der 39-jährige Politiker dies gekennzeichnet hat. Das ergaben Recherchen des Bremer Juraprofessors Andreas Fischer-Lescano. Die Doktorarbeit sei an mehreren Stellen "eine Täuschung", sagte der Rechtswissenschaftler, der eine Aberkennung von Guttenbergs Doktortitel fordert.

Einleitung der Dissertation Guttenbergs (Foto: dapd)
Abgekupfert? Die Einleitung der Dissertation von Karl-Theodor zu GuttenbergBild: dapd

Wortwörtlich

Unter den kopierten Textstellen befindet sich unter anderem eine längere Passage aus der "NZZ (Neue Zürcher Zeitung) am Sonntag". Für die Einleitung seiner Dissertation soll Guttenberg fast wortwörtlich einen Text der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) von 1997 verwendet haben, der nur im Literaturverzeichnis aufgeführt sei. "Es ist einfach dumm, so etwas zu übernehmen", sagte die Passauer Politikprofessorin Barbara Zehnpfennig, Autorin des "FAZ"-Artikels, dem "Handelsblatt".

Guttenberg hatte seine Doktorarbeit zum Thema "Verfassung und Verfassungsvertrag. Konstitutionelle Entwicklungsstufen in den USA und der EU" im Jahr 2006 an der juristischen Fakultät in Bayreuth abgegeben. 2007 wurde er mit der Bestnote "summa cum laude" zum Dr. jur. promoviert. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios nutzte der damals einfache CSU-Parlamentarier Guttenberg zumindest indirekt auch den wissenschaftlichen Dienst des Bundestags für seine Arbeit. Er habe diesen für seine Parlamentarier-Tätigkeit mit Fachfragen beauftragt, wie dies viele Abgeordnete tun. Die Expertisen seien später teilweise auch in seine Dissertation eingeflossen, allerdings seien sie stets kenntlich gemacht worden.

Zerstörerisch?

Karl-Theodor zu Guttenberg und Angela Merkel (Foto: AP)
Kanzlerin Merkel im Gespräch mit dem VerteidigungsministerBild: AP

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich angesichts des Plagiatsvorwurfs gelassen. "Ich denke, der Verteidigungsminister und die Uni Bayreuth werden die Dinge klären." Führende Vertreter der Oppositionsparteien SPD, Bündnis90/Die Grünen und Die Linke nahmen die mutmaßlichen Enthüllungen hingegen zum Anlass, die Eignung Guttenbergs für den Ministerposten in Zweifel zu ziehen. Für den Fall einer Aberkennung des Doktortitels gelte: "Guttenbergs Glaubwürdigkeit wäre dann völlig zerstört. Und ein Minister, der seine Glaubwürdigkeit verloren hat, kann nicht mehr wirklich arbeiten", sagte etwa der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, der "Mitteldeutschen Zeitung".

Der deutsche Verteidigungsminister steht bereits wegen mehrerer Bundeswehr-Affären unter Druck. So sollen nach dem Tod einer Kadettin auf der "Gorch Fock" chaotische Zustände auf dem Segelschulschiff geherrscht haben. Hinzu kamen ein tödlicher Schießunfall in Afghanistan und die widerrechtliche Öffnung von Feldpost-Briefen deutscher Soldaten.

Reisefreudig

Guttenberg traf unterdessen zu einem nicht angekündigten Truppenbesuch in Afghanistan ein. Es ist bereits die neunte Reise des Ministers an den Hindukusch seit seinem Amtsantritt im Oktober 2009. Derzeit sind rund 4600 deutsche Soldaten im Norden Afghanistans stationiert.

Autor: Christian Walz (dpa, afp, dapd, rtr)
Redaktion: Walter Lausch

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