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Gute Nachricht für schlechte Laune

Konstantin Klein9. Mai 2002

Offen und optimistisch geht der typische Amerikaner auf seine Mitmenschen zu. Wem das schwerfällt, der hilft kurzerhand ein wenig nach. Mit breitem Grinsen beobachtet DW-TV-Korrespondent Konstantin Klein das Treiben.

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Prozac, Zoloft und Paxil – was sich anhört wie die privaten Spitznamen dreier aztekischer Gottheiten, gehört für Millionen von Amerikanern zur Alltagsversorgung. Die aztekische Dreifaltigkeit bezeichnet die populärsten Medikamente gegen Depressionen. Jeder zehnte Amerikaner nimmt regelmäßig oder gelegentlich einen dieser Stimmungsaufheller – was jedoch nicht bedeutet, daß tatsächlich alle Pillenschlucker an behandlungsbedürftigen Depressionen leiden.

Prozac, Zoloft und Paxil stehen für ein Milliardengeschäft in den USA. Optimismus und strahlend weiße Zähne - für die wieder eine andere Industrie zuständig ist, die für Zahnpasten und zahnpastaähnliche Produkte - gehören nun mal zum American Way of Life. Wer durch die endlose Berieselung aus zig Radio- und Fernsehkanälen noch immer nicht aufgeheitert ist oder erst recht depressiv wurde, der greift zur Pillendose.

Doch jetzt kommen gute Nachrichten – fragt sich nur, für wen: Eine Studie der Stanford Universität, die klinische Versuche mit Prozac & Co. ausgewertet hat, besagt, dass Placebos, also wirkstofflose Zuckerpillen, den Gemütszustand von Patienten mindestens ebenso sehr, oft sogar stärker aufhellen als die doch recht teuren Medikamente. Vorausgesetzt, der Patient wußte nichts davon, daß er nur Zucker verabreicht bekam. Erfuhr ein Patient von dem Versuch, wurde er sofort wieder traurig.

Für wen ist das nun die gute Nachricht? Für die Patienten sicher nicht, denn sie dürfen ja nichts davon erfahren. Für die Pillenhersteller nicht – oder nur dann, wenn sie auf die Idee kommen, die teure Chemie in ihren Pillen durch billigen Zucker zu ersetzen und keinem was davon zu sagen. Die Krankenkassen? Oh ja, die haben Grund zur Freude – denn sie können sich sofort an die Umsetzung von Sparprogrammen machen. Ganz sicher ist es auch eine gute Nachricht für Zahnärzte: 28 Millionen Amerikaner, die demnächst regelmäßig reinen Zucker zu sich nehmen!