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Gute Arbeit statt Meisterbrief

14. Mai 2003

Eine funktionierende Handwerksordnung braucht Qualitätskontrollen, aber nicht unbedingt Meisterbriefe. Das zeigt ein internationaler Vergleich.

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Deutsche (Handwerks-) Ordnung kommt nicht an in EuropaBild: Bilderbox

Österreich

Zwar liefen die Handwerker in Österreich - wie nun ihre deutschen Kollegen bei den Clement-Plänen - lange Zeit Sturm gegen die seit August 2002 geltende liberalisierte "Gewerbeordnung" für Handel und Handwerk. Von einem befürchteten Qualitätsabfall in Kombination mit weniger Ausbildungsplätzen ist heute aber keine Rede mehr. Der Meisterbrief ist auch nach der neuen Ordnung die Regel. Doch einen Betrieb kann nun auch gründen, wer in diesem Handwerk "mehrere Jahre in qualifizierter Stellung" gearbeitet hat, so das Wirtschaftsministeriums in Wien. Bereits seit 1997 reicht es für eine Betriebsgründung, einen entsprechend qualifizierten Mitarbeiter anzustellen.

Frankreich

In Frankreich werden angehende Meister neben dem Beruf auch in Unternehmensführung geschult. Für den Titel "Handwerker" reicht einem Betriebsinhaber eine sechsjährige Berufsausübung, wenn er keinen Meisterbrief oder Diplom nachweisen kann. Die Qualitätssicherung behalten die mehr als 100 Handwerkskammern im Auge. Sie vertreten rund 800.000 Unternehmer in 250 Berufen.

Niederlande

Auch in den Niederlanden sorgen die Berufsverbände seit der Einführung der umfassenden Gewerbefreiheit vor sieben Jahren selbst für Qualitätskontrolle. Daraus resultiert laut Verbraucherschutzbund aber ein "undurchsichtiger Dschungel an Gütesiegeln", mit denen unter anderem Friseure, Glaser und Klempner ihre Marktposition verbessern wollten. "Viele dienen nur Werbezwecken", sagt ein Sprecher der Verbraucherorganisation. In den Niederlanden müssen nur Bäcker, Schlachter und Elektrotechniker eine Fachausbildung nachweisen, wenn sie ein eigenes Unternehmen gründen wollen.

Belgien

In Belgien ist für den Weg in die Selbstständigkeit nur in sieben der 42 geschützten Handwerksberufe zwingend ein Meisterbrief erforderlich. Optiker oder Bestatter etwa kommen daran nicht vorbei. Dagegen können unter anderem Bäcker, Fliesenleger oder Friseure zumeist schon mit einem Gesellenbrief oder einem Fachabitur ein eigenes Geschäft betreiben. Gefordert ist in der Regel jedoch kaufmännisches Grundwissen - teilweise reicht aber auch Erfahrung oder die Einstellung eines kundigen Mitarbeiters.

Polen

In Polen scheiden sich an den Fähigkeiten der Handwerker die Geister. In manchen Branchen wie der Denkmalpflege gilt die Ausbildung als vorbildlich. Andererseits jammern immer wieder Verbraucher über Pfusch. Zuverlässige Handwerker werden daher eher über den "heißen Tipp" aus dem Bekanntenkreis als durch den Blick ins Branchenverzeichnis ausfindig gemacht. Laut Handwerksverband des künftigen EU-Mitglieds darf jeder ein Unternehmen gründen, der die ausreichende finanzielle Basis und die Einstellung von "Fachleuten" vorweisen kann - das müssen nicht unbedingt Meister sein. Eine Qualitätskontrolle fällt dem Verband schwer, denn nur noch etwa 40 Prozent der knapp 600.000 Handwerksbetriebe sind Kammermitglieder. Ein Zwang zu einer solchen Mitgliedschaft ist den Polen fremd.

Tschechien

Ein hohes Niveau bescheinigen die meisten Tschechen ihren Handwerkern. Ausländische Auftraggeber rühmen unter anderem die Improvisationskünste tschechischer Handwerker. Allerdings wird Betrieben zufolge von Seiten des Dachverbandes nicht allzu penibel auf die Regeln geachtet, obwohl es sowohl Meisterbrief als auch Handwerksordnung gibt.

Schweiz

Auch in der Schweiz ist Meisterzwang für Selbstständige ein Fremdwort. Um einen Qualifikationsnachweis, also eine Art Prüfung, kommen Handwerker aber nicht herum, wenn sie in sicherheitsrelevanten Berufen wie Elektriker arbeiten. Dazu müssen sie auch Kurse besuchen. Die Prüfungen nehmen dann die Berufsverbände im Auftrag der Behörden ab. (mas)