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Gut gerüstet an die Urnen

Greta Hamann5. Oktober 2014

Damit bei der Präsidentenwahl in Brasilien nichts schief geht, sind über 30.000 Soldaten im Einsatz. Sie gehen vor allem gegen illegale Werbung direkt vor den Wahllokalen vor.

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Bewaffnete Soldaten vor Wahlplakaten (Foto: EFE/Marcelo Sayao)
Bild: picture-alliance/EFE/Marcelo Sayao

Ein kleines Bild mit dem Konterfei des Kandidaten: "Santinhos", zu Deutsch: "Kleine Heilige". So nennen die Brasilianer die kleinen Flugblätter, die an den Tagen rund um die Wahlen auf den Straßen an Passanten verteilt werden. Am Tag der Präsidentschaftswahl werden sie jedoch auf besonders unheilige Art und Weise eingesetzt: Allein in Rio de Janeiro hat die Polizei schon wenige Stunden nach Beginn der Wahlen mehr als 70 Personen festgenommen, die direkt vor den Wahllokalen illegal Werbung für ihren politischen Favoriten machten. Am Tag der Stimmabgabe ist diese Propaganda nicht mehr erlaubt.

Das sei durchaus eine hohe Zahl, sagte die Vorsitzende des örtlichen Wahlkomitees Adriana Brandao im Gespräch mit der Zeitschrift "Veja". Doch es sei auch auf die verstärkten Kontrollen zurückzuführen, die seit Sonntagmorgen durchgeführt würden. Manche der "Wahlhelfer" erhalten für ihre illegale Propaganda sogar eine kleine Bezahlung von den Kandidaten. Zwischen 20 und 30 Euro bekommen sie, wie das Nachrichtenportal "O Globo" in seinem Live-Blog zu den Wahlen berichtet.

Laut "Veja" sind teilweise sogar die Kandidaten selbst auf der Straße unterwegs und werben bis zum Schluss für sich und ihre Partei. "Leider bestehen manche Kandidaten darauf, Wahlverbrechen zu begehen", sagt Adriana Brandao. In Rio de Janeiro wurden vier von ihnen bereits festgenommen. Dort finden diese Zwischenfälle vor allem in den Armenvierteln statt. Aber auch entlegene Regionen Brasiliens, etwa im Amazonas, sind besonders gefährdet.

Auch im sozialen Netzwerk Twitter posten viele Menschen Fotos von Personen, die die kleinen Flugzettel verteilen. Dieses Foto wurde im Bundesstaat Sao Paulo aufgenommen:

Rund 30.000 Soldaten und circa 400.000 Polizisten sind in über 300 Städten im ganzen Land im Einsatz, um derartige Vorkommnisse möglichst zu verhindern. Koordiniert werden sie vom nationalen Kontroll- und Kommandozentrum in der Hauptstadt Brasília, das extra für die WM im Sommer 2014 aufgebaut worden war.

Neben der Überwachung der Wahllokale unterstützen die Einsatzkräfte aber auch die Logistik. Das Militär hilft mit Flugzeugen, Helikoptern, Schiffen und Schnellbooten, die Wahlurnen und die Wahlhelfer an entlegene Orte zu bringen.

Gewalt in Favela Maré und in Santa Catarina

Besonderes angespannt ist die Situation derzeit in der Favela "Complexo do Maré" in Rio de Janeiro. Dort entbrannte in den vergangenen Tagen wieder ein gewaltsamer Kampf zwischen Polizei und Drogenbanden. Dabei kam mindestens ein Mensch ums Leben. Seit März sind dort rund 2000 Polizisten der sogenannten Befriedungspolizei (UPP) stationiert.

Überraschenderweise forderte auch der südliche Bundesstaat Santa Catarina Hilfe an. Die staatlichen Strukturen sind hier normalerweise gut entwickelt. Auch sind Zahl und Größe der Armenviertel sehr viel geringer als im Rest des Landes. In den vergangenen Wochen erlebte das Bundesland jedoch eine Welle der Gewalt.

Zahlreiche Busse wurden in Brand gesetzt, Polizeistationen und Privathäuser angegriffen. Drei Personen kamen bereits ums Leben. Die Regierung von Santa Catarina macht die Organisierte Kriminalität für die Angriffe verantwortlich. Sie hätten angeblich mit Absicht die Periode rund um die Wahlen für ihre Aktionen gewählt, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.

Illegale Wahlwerbung (Foto: Mario Tama/Getty Images)
Unzählige Flugblätter liegen vor den Wahllokalen auf dem BodenBild: Mario Tama/Getty Images

Neben der Unterstützung durch das Militär hat die Regierung von Santa Catarina weitere Sicherheitsmaßnahmen getroffen: So fahren am Wahlsonntag die Busse nur zwischen sieben Uhr morgens und 19 Uhr. An Orten, die als besonders gefährlich eingestuft wurden, stehen sie den ganzen Tag still.

Die Brasilianer wählen heute nicht nur einen neuen Präsidenten. Sie müssen fünf verschiedene Stimmen abgeben. Unter anderem entscheiden sie auch über neue Ministerpräsidenten der 26 Bundesländer und die Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses.