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Guantanamo: Schließen oder nicht?

Daniel Scheschkewitz 9. Juni 2005

US-Präsident George W. Bush gerät immer mehr in die Defensive: Die Zustände im Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba gelten als so nicht hinnehmbar. "Auflösen", fordern deshalb immer mehr hochrangige Politiker des Landes.

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Guantanamo: Eingang zu Camp DeltaBild: AP
Guantanamo Gefängnis Insassen
Gefängnisinsassen auf Guantanamo: Was geschieht mit ihnen?Bild: AP

"Wir prüfen alle Alternativen, wie wir unserem Ziel am besten gerecht werden können: Das Ziel ist der Schutz Amerikas. Wir wollen doch niemand freilassen, der dann wieder zurückkommt und uns Schaden zufügt. Aber wir prüfen Alternativen und haben das von jeher getan", sagte Präsident Bush in einem Fernsehinterview mit "Fox News" am Mittwoch. Er reagierte damit auf die zunehmende inneramerikanische Kritik am dem Lager auf Guantanamo. Das Pentagon hatte Ende vergangener Woche einräumen müssen, dass in mehreren Fällen der Koran bei Gefangenen-Verhören vom Wachspersonal geschändet worden war.

Prominente Gegner

Guantanamo Gefängnis
Bild: AP

Die angesehene "New York Times" hatte als erste die Schließung des Gefangenlagers gefordert. Dann hatte sich der führende Senator der demokratischen Opposition im US-Senat, Joe Biden, die Forderung zu eigen gemacht. "Das Lager ist zum größten Propagandainstrument für diejenigen geworden, die rund um den Globus neue Terroristen rekrutieren. Weil es Guantanamo gibt, sind mehr amerikanische Menschenleben in Gefahr, als wenn es nicht gäbe", schlussfolgert er. Die moralische Entrüstung über die immer neuen Enthüllungen über die Vorgänge in Guantanamo hat inzwischen die Spitze des politischen Establishments erreicht.

Guantanamo Camp Delta
Bild: AP

Auch Ex-Präsident Jimmy Carter fordert die Schließung des Lagers. "Die Vereinigten Staaten von Amerika sind weltweit in fürchterlichen Schwierigkeiten und unser Ruf als Vorkämpfer für die Menschenrechte hat erheblichen Schaden genommen - wegen der immer neuen Berichte über Gefangenenmissbrauch im Irak, in Afghanistan und in Guantanamo", erklärte Carter am Mittwoch auf einer Menschrechtskonferenz. Die Menschenrechtsgruppe Amnesty International hatte das Lager im vergangenen Monat mit einem Gulag der Sowjetzeit verglichen.

Juristische Klärung steht noch aus

Verhandlungsgebäude Guantanamo
Verhandlungsgebäude von GuantanamoBild: AP

Stärkster Verfechter einer weiteren Nutzung des Lagers ist
Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, dem auch die politische Kontrolle für das Militärgefängnis obliegt. "Durch die Informationen, die wir von den Gefangenen dort bekommen
haben, konnte das Leben von Bürgern dieses und anderer Länder gerettet werden. Das wissen wir mit Sicherheit", verteidigt er das Lager. Es könnte sein, dass die Bush-Regierung zunächst einmal die endgültige juristische Klärung der Rechtmäßigkeit von Guantanamo abwarten will, bevor sie weitere Schritte unternimmt.

US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba
Bild: AP

Im Januar hatte eine US-Bundesrichterin die auf Kuba abgehaltenenen Militärtribunale, mit denen über den Status der Gefangenen entschieden wird, für verfassungswidrig erklärt. Dagegen ist die Regierung allerdings in die Berufung gegangen. Mit einer Entscheidung über die Revision wird frühestens im nächsten Monat gerechnet. Gegenwärtig sind auf dem US-Militärstützpunkt in Kuba noch 540 Gefangene inhaftiert. Die meisten von ihnen wurden in den Jahren 2001 und 2002 während des Krieges in Afghanistan gefangen genommen.

Weitere Fälle von Inhaftierung ohne Verfahren

Festnahme in Bagdad
US-Soldaten nehmen nach dem Aufstand in Abu Ghraib in Bagdader Stadträte fest (2. November 2004)Bild: AP

Unterdessen hat UN-Generalsekretär Kofin Annan in einem Bericht des Weltsicherheitsrates kritisiert, dass auch im Irak rund 10.000 Gefangene inhaftiert sind, ohne dass bislang ein Strafverfahren gegen sie eröffnet worden wäre. Der Bericht spricht von einem unhaltbaren Zustand, selbst für ein Land, das sich im Ausnahmezustand befindet. Von den 10.000 Häftlingen ohne Anklage sollen sich rund 6000 im Gewahrsam der amerikanischen Armee befinden.