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Gründe zum Feiern

Das Interview führte Martin Schrader15. Februar 2006

Die CeBIT wird dieses Jahr 20. Sie gilt als Leitmesse in der IT-Branche. Der designierte CeBIT-Chef Sven Michael Prüser (43) spricht über die Zukunft der CeBIT und die Grabenkämpfe auf dem Messestandort Deutschland.

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Sven PrüserBild: presse

DW-WORLD: Herr Prüser, Sie blicken dieses Jahr auf 20 Jahre CeBIT-Geschichte zurück. Haben Sie viele Gründe zum Feiern?

Sven Michael Prüser: Gründe zum Feiern gibt es reichlich, aber der Blick muss nach vorne gerichtet werden. Deshalb wird es auch keine großen Festivitäten geben. Wir nehmen das Jubiläum zum Anlass zurückzublicken. Was war vor 20 Jahren und wie hat sich Branche entwickelt? Wir rechnen das hoch und fragen uns: Wie wird sie sich in 20 Jahren darstellen?

Wie wird das sein?

Da kann man allenfalls Tendenzen voraussagen. Ein Megatrend ist zurzeit Mobilität. Als die CeBIT startete, gab es überhaupt noch keine Funktelefone, wie wir sie kennen. Das waren allenfalls Autotelefone. Die brauchten aber auch das Auto, um transportiert zu werden. Heute ist das ein Allerweltsgegenstand. Und es gibt viel mehr Produkte, die mobil gemacht worden sind und zum täglichen Leben dazu gehören.

Es gab schwache Presse für Sie, weil einige Aussteller wie E-Plus und Sony ihre Teilnahme abgesagt haben. Es heißt, die Messe sei in Gefahr ihre Stellung als globale Leitmesse zu verlieren. Was antworten Sie den Kritikern?

Dass ein paar Aussteller sagen, sie machen mal eine Pause, ist normal. Das begleitet die gesamte CeBIT-Geschichte. Sony besetzt zwar nicht den Hauptstand in der Halle 2, ist aber durchaus anwesend mit kleiner Präsentation. Andere sind wiedergekommen, z.B. Ericsson und AMD, die wieder mit einer eigenen Präsentation kommen. Das ist eine Entwicklung, die vergleichsweise normal ist. Ich denke auch, dass die Zurückkommenden zeigen, dass wir konzeptionell auf der richtigen Spur sind.

Die Konkurrenz auf dem Messemarkt ist groß - national wie international. Was ist das besondere an der CeBIT?

Es ist die einzige Messe weltweit, die das gesamte Spektrum der Informations- und Kommunikationstechnik inklusive Software abbildet. Damit ist sie die einzige Plattform, auf der das, was an Konvergenz passiert, absehbar ist. Ein Beispiel dafür ist mobiles TV. Das ist ein Produkt, dessen technologische Anwendung und Marktfähigkeit in seiner Vollständigkeit nur auf der CeBIT sichtbar wird.

Im Bereich Unterhaltungselektronik bieten Sie dieses Jahr die Sonderschau "digital living". Planen Sie eine Auskoppelung, wenn sie zum Erfolg wird?

Das ist zwar vorstellbar. Derzeit ist das aber genau das Gegenteil von dem, was wir wollen. Die Idee ist eigentlich, dass die verschiedenen Sparten oder Teil-Branchen die Präsentationsformen haben, die sie für ihre Produkte und Dienstleistungen brauchen. Das ist für eine RFID-Anwendung etwas anderes als für Voice over IP oder für ein Thema wie Telematik. Und so planen wir in diesem Jahr erstmalig eine mehr event-orientierte Präsentation für den Bereich Consumer-Elektronik.

Andere Messestandorte wie z.B. Stuttgart geben ebenfalls ordentlich Gas und investieren. Belebt der Wettbewerb das Geschäft oder gibt es bereits Überkapazitäten?

Für mich ist der Wettbewerb, der in Deutschland seit den 60er-Jahren herrscht, ein wesentlicher Motor gewesen, um die weltweit einmalige Spitzenstellung des Messewesens überhaupt zu begründen. Aus dem Wettbewerb heraus musste Innovation betrieben werden, mussten wir uns früher als andere Messeplätze in der Welt international öffnen. Das einzige, wo ich annähernd emotional werde, ist die Frage der Subventionierung. Wettbewerb kann nur funktionieren, wenn alle gleich subventioniert werden oder wenn man auf Subventionen verzichtet. Und das nimmt in Deutschland Formen an, die volkswirtschaftlich nicht mehr zu rechtfertigen sind.

Zum Beispiel?

Wenn ganze Messegelände auf Staatskosten gebaut werden und dann letztlich ohne oder mit viel zu geringen Nutzungsgebühren in den Markt gedrängt werden.

Welche Orte haben Sie da im Sinn?

Es gibt nur zwei Messeplätze, von denen ich weiß, die nicht subventioniert werden: das sind Frankfurt und die Deutsche Messe AG in Hannover.

Die Ablösung von Jörg Schomburg durch Sie, die derzeit angebahnt wird, ist als Kritik an seiner Führung und der sich abschwächenden Stellung der CeBIT ausgelegt worden. Woran liegt die Ablösung?

Herr Schomburg ist 62, wie er immer betont, und meint, es ist Zeit, sich langsam etwas anderes zu suchen. Aber so eilig hat er es nicht damit, so eilig habe ich es nicht, und so eilig hat es auch die Company nicht damit.