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Gute Grundschüler

9. Dezember 2008

Grundschüler in Deutschland können am Ende der vierten Klasse mit ihren Leseleistungen in fast allen Bundesländern im weltweiten Vergleich gut mithalten. Das ist das Ergebnis der IGLU-Studie.

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Im Deutschunterricht einer dritten Klasse an der Erich-Kästner-Grundschule in Frankfurt (Oder) blättert die neunjährige Janina in einem Buch (Archivfoto vom 31.08.2005).Foto: Patrick Pleul dpa
Deutschlands Kleinste gehören international zu den Besten: beim LesenBild: picture-alliance/ dpa

Nach der neuen innerdeutschen Auswertung der internationalen Grundschul-Lese-Studie IGLU erreichen Viertklässler in Thüringen sogar Weltspitzenniveau. Probleme gibt es allerdings in den Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin. Dort liegt der Anteil der Risikoschüler, die nur einfachste Texte verstehen, deutlich über 20 Prozent. Bundesweit sind dies nur 13,2 Prozent, in Thüringen sogar nur 6,8 Prozent.

Rangfolge

IGLU-Studie 2008 Infografik deutsch Grafik: DW / Olof Pock Datum: 17.12.2008

Bei der IGLU-Studie wurde die Lesekompetenz von Viertklässlern in den 16 Bundesländern untersucht. Die Differenz von 50 Punkten macht ungefähr das aus, was in einem Schuljahr zu lernen ist. Im Folgenden die Rangliste mit den jeweiligen Punktzahlen:

Fortschritte gegenüber Auswertung 2001

Der deutsche IGLU-Leiter Wilfried Bos bescheinigte den Viertklässlern bei der Präsentation des Bundesländervergleichs am Dienstag in Berlin insgesamt eine sehr positive Einstellung zum Lesen. Nur 14 Prozent gaben an, "außerhalb der Schule nie oder fast nie" zu lesen. "Die Grundschule in Deutschland hat ihre Hausaufgaben gemacht", sagte der Wissenschaftler. Als "unbefriedigend" wird in der Auswertung allerdings der geringe Anteil von Spitzenlesern (bundesweit 10,8 Prozent) bezeichnet. Die meisten davon gibt es in Bayern (15,3 Prozent), die wenigsten in Bremen (5,5).

Bos sagte, insgesamt verzeichneten die meisten Länder deutliche Verbesserungen gegenüber der ersten deutschen Auswertung 2001. Damals hatten sich allerdings nur sechs Bundesländer beteiligt. Hessen muss als einziges Bundesland einen kleinen Rückschritt hinnehmen.

Risikoschüler contra Spitzengruppe

Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) sprach von einem "erfreulichen Gesamtbefund" an den Grundschulen. Es bleibe aber die "große Herausforderung", die Zahl der schwachen Schüler weiter zu senken. Der Kultusminister von Sachsen-Anhalt, Jan-Hendrik Olbertz (parteilos), warnte davor, Risikoschüler auf Kosten der Spitzengruppe zu fördern. Bos wie auch Ahnen betonten dagegen, man müsse beide Gruppen im Blick haben.

Die Viertklässler aus Bayern liegen mit ihren Leseleistungen nur knapp hinter Thüringen. Nahezu punktgleich belegen die vier Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern den dritten bis sechsten Platz. Schlusslichter bilden Berlin, Hamburg und Bremen - wobei auch diese Stadtstaaten noch ein Leistungsniveau deutlich über dem internationalen Schnitt erreichen.

IGLU contra PISA

Das mit IGLU überprüfte Lese- und Textverständnis gilt als die wichtigste Basiskompetenz für das weitere Lernen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verwies auf die große Kluft zwischen dem guten IGLU-Leseabschneiden der Grundschüler und den äußerst schwachen Leistungen 15-Jähriger bei der weltweiten PISA-Untersuchung. Diese Unterschiede belegten die Notwendigkeit einer umfassenden Schulreform, sagte die GEW-Vizevorsitzende Marianne Demmer. Vor allem müsse der frühen Aufteilung Zehnjähriger auf verschiedene Schulformen ein Ende gesetzt werden. Im weltweiten Vergleich werden nur noch in Deutschland und Österreich Kinder so früh vom gemeinsamen Lernen getrennt.

Keine Aussage über Folgen sozialer Herkunft angefordert

Die mit Spannung erwartete Untersuchung über die umstrittenen Grundschulempfehlungen für die weitere Schullaufbahn der Kinder ist überraschenderweise in dem IGLU-Bundesländervergleich nicht enthalten. Der vor einem Jahr veröffentliche internationale IGLU-Bericht hatte die extrem hohe Abhängigkeit von Schulerfolg und sozialer Herkunft in Deutschland belegt. Danach bekommen Kinder aus der Oberschicht selbst bei schwachen Grundschulleistungen wesentlich leichter eine Empfehlung für den Besuch des Gymnasiums als begabte Kinder aus der Unterschicht. Bos sagte, eine Länderuntersuchung dazu sei von den Kultusministern nicht gefordert worden. Sie soll im Frühjahr in einer wissenschaftlichen Publikation erfolgen. (mas)