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Großbritannien im Goldrausch

Jens Krepela7. August 2012

Bei den Spielen in Atlanta 1996 holten Großbritanniens Sportler nur eine einzige Goldmedaille. In London feierten sie am Dienstag allein vier Olympiasieger. Ein Triumph des völlig umgekrempelten Sportsystems.

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Alistair Brownlee überquert jubelnd die Ziellinie des olympischen Triathlons (Foto: REUTERS/Jorge Silva)
Bild: Reuters

Es war ein deutlicher Sieg für Großbritanniens Ruderer Steven Redgrave und Matthew Pinsent im Zweier ohne Steuermann. Sie holten Gold auf dem Lake Lanier nahe Atlanta. Es war aber auch der einzige Olympiasieg für eine enttäuschende britische Olympiamannschaft 1996. Im Medaillenspiegel landeten die Briten nur auf dem 36. Rang. Heute, am 11. Wettkampftag der Spiele von London, stehen sie auf Rang drei der Medaillenwertung. 22 goldene Plaketten stehen schon zu Buche, allein vier gewannen die Bahnradler, Triathleten und Dressurreiter aus dem Vereinigten Königreich am Dienstag (07.08.2012).

Sportförderung ohne Kompromisse

Damit haben die Briten ihre Bilanz von Peking 2008 schon fünf Tage vor dem Erlöschen des olympischen Feuers in London übertrumpft. Doch wie kommt das? Der Heimvorteil zählt, vielleicht auch die besondere Motivation der Sportler im eigenen Land. Es zählt aber auch Professionalität und so schnöde es klingt: Geld! Insgesamt rund 640 Millionen Euro haben die Briten in den vergangenen vier Jahren für ein glorreiches Abschneiden vor eigenem Publikum investiert. Rund 140 Millionen Euro pro Jahr steuert allein die Regierungsagentur UK Sport bei, die nach dem Debakel von 1996 ins Leben gerufen wurde. "Großbritannien soll eine weltweit führende Sportnation werden", das hat sich UK Sport ins Stammbuch geschrieben. Wer Förderung will, muss genaue Pläne vorlegen. "Medaillen sind das ultimative Ziel", heisst es in den Förderungsbedingungen von UK Sport, es gelten keine Kompromisse.

Chris Hoy, Rekordolympiasieger im Bahnradfahren aus Großbritannien fährt in voller Montur auf seinem Rad in der olympischen Rennbahn (REUTERS/Paul Hanna)
Triumphator Sir Chris Hoy, dreifacher Olympiasieger in Peking und in LondonBild: Reuters

Als Beispiel für die konsequente Förderung bietet sich der Radsport an. Dessen Mastermind heisst Dave Brailsford. Der heute 48-Jährige konnte um die Jahrtausendwende die Verantwortlichen des Dachverbandes überzeugen, dass vor allem im Bahnradsport viele Medaillen zu gewinnen sind. Brailsford schuf ein hochmoderndes Trainingszentrum in Manchester. Heute gilt es als die britische Medaillenschmiede. Schon 2008 in Peking dominierten die Bahnradler von der Insel, sie gewannen acht Mal Gold. Zwei Olympiasiege feierte damals Bradley Wiggins. Derselbe Wiggins, der in diesem Jahr als erster Brite die Tour de France gewann - im Sky-Team das Brailsford ebenfalls leitet. Es war nicht sein letzter Triumph. Sein Schützling Wiggins holte in London erneut Gold, diesmal im Zeitfahren auf der Straße.  

Vorbild für Deutschland?

"Das deutsche Sportsystem ist völlig daneben", das hatte die deutsche Fechterin Imke Duplitzer vor Beginn der Spiele gesagt und damit für einigen Wirbel gesorgt. Unter anderem prangerte sie die undurchsichtige Förderpraxis an und ärgerte sich über die schlechten und finanziell unattraktiven Arbeitsbedingungen für Trainer in Deutschland. Punkte, bei denen tatsächlich einiges im Argen liegt. In dieser Hinsicht könnte sich für die Verantwortlichen des DOSB ein Blick nach Großbritannien durchaus lohnen.