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Großreinemachen vor dem Jubiläum

6. Mai 2003

In St. Petersburg zählen die Menschen mit Bangen die noch verbleibenden Tage: In weniger als einem Monat beginnen die bombastischen Feiern zum 300. Stadtgeburtstag. Und die Stadt ist noch eine große Baustelle.

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Es gibt noch viel zu tun - die Petersburger packen es anBild: AP

Von US-Präsident George W. Bush über Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao bis Bundeskanzler Gerhard Schröder reicht die Gästeliste. Bald marschieren die Herren an. Doch noch immer ist die einstige Hauptstadt aus Zarenzeiten eine riesige Baustelle.

Nichts wie raus aus der Stadt

Wenn die Heimatstadt von Präsident Wladimir Putin Geburtstag feiert, rollt der Rubel. Das in den Sowjetjahren heruntergekommene "Venedig des Nordens" muss in Rekordzeit auf Vordermann gebracht werden. Heerscharen von Bauarbeitern und Straßenfegern bevölkern die Paläste und Prachtboulevards. Touristenmagnete wie die Peter-und-Paul-Festung oder Teile des Newski Prospekts sind nach wie vor eingerüstet. In den Parks werkeln abkommandierte Soldatentrupps.

Beinahe auf jedem Quadratmeter feiert die 1703 von Zar Peter dem Großen gegründete Stadt Geburtstag. Insgesamt 2500 Veranstaltungen sind angekündigt. Das Angebot reicht vom Edel-Ball für 1500 Dollar pro Kopf bis zum gigantischen Feuerwerk auf der Newa. Für die Petersburger selbst bleibt angesichts zehntausender Delegationsgäste und Touristen wenig Platz. Die Stadtväter empfahlen den Bürgern bereits, Ende Mai das Zentrum zu meiden und am besten für ein paar Tage raus ins Grüne zu flüchten.

Auf die Plätze, fertig, los

Das an jeder Straßenecke zu vernehmende Nörgeln über den Stand der Renovierung mag Irina Potechina nicht mehr hören. "Es war von vorneherein klar, dass nicht alles fertig wird", betont die Vize-Gouverneurin. "Unsere Stadt hat 6000 Architektur- und Kulturdenkmäler. Wir sind froh, dass einige davon renoviert werden." Im Hauruck-Verfahren geht es Richtung Jubiläum. Die Tradition der langfristigen Vorbereitung mit Fünf-Jahres-Plänen gibt es nicht mehr. "Leider wird bei uns das Geld nur kurz vorher in einem Schwung ausgezahlt", bedauert der Direktor eines Operntheaters. Entsprechend spät begannen die Renovierungen.

Ein ungewöhnlich langer Winter erschwerte die Vorbereitungen zusätzlich. Die Straßen, berüchtigt für ihre Schlaglöcher, können erst jetzt geteert werden. Zudem hätte es wenig Sinn gemacht, die endlos wirkenden Fassaden der Paläste am Schlossufer schon im vergangenen Jahr zu streichen. Denn in Russland weicht frische Farbe an Häuserwänden meist schon nach Monaten wieder dem alten Grau. Das ist aber egal. Hauptsache, alles erstrahlt Ende Mai in nie gekanntem Glanz.

Bernsteinzimmer & Co

Ein Schmuckstück der deutsch-russischen Beziehungen ist dagegen fertig. Das von Künstlerhand rekonstruierte Bernsteinzimmer soll am 31. Mai 2003 von Schröder und Putin im Katharinen-Palast bei Petersburg eingeweiht werden. Putin hat die Angewohnheit, seinen ausländischen Gästen jedes Jahr ein anderes renoviertes Zarenschloss bei St. Petersburg zu zeigen. Der EU-Russland-Gipfel geht am 31. Mai im Konstantin-Palais am Finnischen Meerbusen über die Bühne. Tausende Arbeiter errichten für die Staatschefs Mini-Paläste. "So muss es beim Bau der chinesischen Mauer zugegangen sein", kommentiert eine Augenzeugin das Gewimmel der Bautrupps.

Noch im vergangenen Herbst war das Konstantin-Palais in einem ähnlich erbärmlichen Zustand wie bis heute die Siedlungen, Friedhöfe und Müllhalden in dessen Umgebung. Die Verwaltung zog kurzerhand einen zwei Meter hohen, grün gestrichenen Holzzaun auf Kilometerlänge entlang des Anfahrtweges vom Flughafen. Damit bleibt den hohen Gästen dieser Anblick der russischen Realität jenseits der Paläste erspart. (fro)